Direkt zum Hauptbereich

Syrische Übergangsregierung streicht Minderheiten-Feiertage

 


Ein neues Feiertagsdekret der syrischen Übergangsregierung lässt zentrale Feste kurdischer, assyrischer und religiöser Minderheiten aus. Vertreter:innen in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien warnen vor einem Rückfall in zentralistische Politik.

Wiederholung früherer Ausgrenzungspolitik
 
ANF / QAMIŞLO, 5. Okt. 2025.

Ein neues Feiertagsdekret der syrischen Übergangsregierung hat landesweit für Unmut gesorgt. Das Dekret lässt wichtige kulturelle und religiöse Feiertage der kurdischen, assyrischen und anderer Bevölkerungsgruppen unberücksichtigt. Kritiker:innen werfen der Übergangsregierung vor, damit die ausgrenzende Politik früherer Regierungen fortzuführen und die kulturelle Vielfalt des Landes zu missachten.

Konkret geht es um das am Sonntag veröffentlichte Dekret Nr. 188, das offizielle Feiertage festlegt. Nicht berücksichtigt wurden darin unter anderem Newroz, das kurdische Neujahrsfest am 21. März, das auch in Ländern wie Iran, Afghanistan und mehreren zentralasiatischen Staaten begangen wird und 2010 von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt wurde; Akitu, das Neujahrs- und Frühlingsfest der syrisch-aramäischen und chaldäischen Gemeinschaften, das jährlich am 1. April gefeiert wird und auf eine mehr als 6000-jährige Tradition in Mesopotamien zurückgeht; sowie das „Fest der Freude an Gott“ der religiösen Minderheit der Murshidiyya vom 25. bis 27. August.


Auch der „Märtyrertag“ am 6. Mai, der an 21 prominente arabische Nationalisten – darunter Schriftsteller, Journalisten, Juristen und Lehrer – erinnert, die im Jahr 1916 auf Anordnung des osmanischen Gouverneurs von Syrien Cemal Pascha in Damaskus und Beirut hingerichtet wurden, sowie der Weltlehrertag am 5. Oktober fanden keinen Eingang in die Liste der offiziellen Feiertage. Beobachter:innen werten das als Rückschritt für das gesellschaftliche Zusammenleben in Syrien.

„Ein Rückfall in zentralistische Politik“

Kritik kommt insbesondere aus den von der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) kontrollierten Gebieten des Landes. Dort gilt sowohl Newroz als auch Akitu seit Jahren als offizieller Feiertag. Vertreter:innen lokaler Institutionen äußerten sich enttäuscht und warnten, das Dekret sende ein negatives Signal an die vielfältigen Bevölkerungsgruppen Syriens.

„Diese Entscheidung ignoriert die Realität eines multiethnischen und multireligiösen Landes“, sagte ein Vertreter aus der Region. Der Ausschluss zentraler kultureller Feste werde als Versuch gewertet, „die kulturelle Identität und Präsenz dieser Gemeinschaften aus dem öffentlichen Bewusstsein zu drängen“.

Wiederholung früherer Ausgrenzungspolitik

Das neue Dekret erinnert auch an frühere Maßnahmen des ehemaligen syrischen Baath-Regimes, das über Jahrzehnte hinweg Feiertage wie Newroz ignoriert oder in ihrer Bedeutung umgedeutet hatte. So war etwa im Jahr 1988 der 21. März – Tag des Newroz-Festes – per Dekret offiziell als „Muttertag“ festgelegt worden, ohne den kurdischen Feiertag zu erwähnen. Nord- und Ostsyrien sieht im aktuellen Schritt der selbsternannten und von Islamisten der Dschihadistenallianz „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS) geführten Übergangsregierung eine bewusste Kontinuität dieser Politik. Regelungen, die kulturelle Rechte nicht respektieren, könnten „weder gerecht noch tragfähig“ sein, hieß es.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

medico international: Gezielte Tötung

Iran: Onkel von Jina Mahsa Amini zu Haftstrafe verurteilt

Female YPJ fighter in Syria allegedly murdered by relatives in ‘honor’ killing