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Warum fliehen die Menschen aus Südkurdistan?


Viele der Schutzsuchenden an der belarussisch-polnischen Grenze stammen aus Südkurdistan. Armut, Korruption und Verfolgung treiben die Menschen in die Flucht.

Viele der Schutzsuchenden an der belarussisch-polnischen Grenze stammen aus Südkurdistan. Kurdische Politiker:innen sehen in der südkurdischen Regierungspartei PDK eine entscheidende Fluchtursache. Ähnlich wie das AKP/MHP-Regime in der Türkei lässt die PDK jede Opposition brutal verfolgen. Die PDK fördert sogar gemeinsam mit der Türkei die Flucht aus der Region. So scheint sie unliebsame Kritiker:innen loswerden zu wollen.

Der gesamte Reichtum Südkurdistans wird von zwei Clans kontrolliert“

Der kurdische Politiker Musa Çiftçi lebt in Südkurdistan. Er berichtet von einer Serie von Krisen, welche die aktuelle Perspektivlosigkeit in der Region verstärkt hätten. Insbesondere die Geschehnisse im Zusammenhang mit den Angriffen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS), die Krise um das Unabhängigkeitsreferendum, die ausbleibenden Lohnzahlungen und weitere politische und ökonomische Krisen hätten die Situation verschärft. Çiftçi führt aus: „Die Menschen waren an die Bezahlung [durch die Regierung] gewöhnt worden und wurden so von der Produktion abgeschnitten. Wie in der Türkei haben sie [die Regierungsparteien] alle Bodenschätze unter ihren Anhängern aufgeteilt. Der gesamte Reichtum Südkurdistans wird von zwei Clans kontrolliert. Die Bevölkerung in Südkurdistan ist hungrig, elend und verarmt. Es gab monatelange Proteste. Die PDK ging sehr hart gegen diese Proteste vor. Viele Menschen wurden aus ihren Häusern geholt, gefoltert und in Gefängnisse geworfen. Es gibt keine demokratische Institution, und das Parlament ist dysfunktional. Die Menschen haben daher keine Hoffnung mehr.“

Viele verlassen das Land“

Çiftçi berichtet, dass es keinerlei Vertrauen mehr in das Wahlsystem gebe. So habe die Beteiligung bei den letzten Wahlen zwischen 25 und 30 Prozent gelegen. Aufgrund von Wahlbetrug haben viele die Hoffnung aufgegeben, das System sei durch Wahlen zu ändern, und hätten sich auf den Weg nach Europa gemacht. Er fährt fort: „Mit der Flucht derer, die gegen das Regime protestiert haben und der Regierung kritisch gegenüberstehen, wird Südkurdistan einerseits entvölkert und andererseits wird es der PDK erleichtert, noch entspannter Korruption zu begehen. Das ist es, was das System hier will. Sie wollen keine Struktur, keine Volksbewegung, die sie in ihrem Treiben stört. Daher ist die Entvölkerung der Region auch im Sinne der Türkei. Dass die Kurd:innen ihr Land verlassen, ist der Wunsch dieser Kreise.“

Statt über Wege und Methoden muss über Fluchtursachen gesprochen werden“

Der HDP-Abgeordnete Habip Eksik weist auf Krieg und Verfolgung als entscheidende Fluchtursache hin. Er sagt: „Die von internationalen Mächten unterstützte Tyrannei der Regionalregierung zwingt die Menschen, die andere politische Positionen vertreten, zur Flucht. Anstatt zu diskutieren, welche Wege und Methoden Migranten nutzen, ist es notwendig, sich auf die Gründe zu konzentrieren, warum sie ihre Heimat verlassen haben und geflohen sind.“

Eksik stellte fest, dass internationale Flüchtlingskonventionen nicht für die Menschen an der belarussisch-polnischen Grenze zu gelten scheinen: „Diese Menschen werden dem Tod überlassen. Das zeigt, dass das Völkerrecht nur noch willkürlich angewandt wird. Wir müssen die Fluchtursachen diskutieren und lösen. Die Menschen riskieren den Tod, um zu leben, sie verlassen ihre Heimat mit ihren Kindern und suchen Asyl in der EU.“

 

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