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Ärzte ohne Grenzen warnt vor verschärfter Versorgungskrise in Nordostsyrien


Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen warnt vor gravierenden Mängeln bei der Wasser- und Gesundheitsversorgung in Nordostsyrien. Sie fordert mehr Unterstützung der internationalen Hilfen.

MSF fordert mehr Hilfe für Wasser- und Gesundheitsversorgung
 
ANF/REDAKTION, 8. Nov. 2025.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières, MSF) hat vor einer dramatischen Verschlechterung der humanitären Lage in Nordostsyrien gewarnt. In einem aktuellen Bericht beklagt die Organisation gravierende Engpässe bei der Wasser- und Gesundheitsversorgung sowie der Ernährungssicherheit und fordert eine Ausweitung der internationalen Unterstützung.

Bei einer im Juni durchgeführten Erhebung in Hesekê stellte MSF fest, dass lediglich 37 Prozent der Haushalte regelmäßig Zugang zu ausreichenden Wassermengen haben. Hauptgründe seien beschädigte oder nicht funktionstüchtige Wasseranlagen, klimatische Veränderungen, Übernutzung von Grundwasser sowie die gezielte Unterbrechung zentraler Versorgungslinien, etwa durch den wiederholten Ausfall der Wasserstation Elok (Alouk) in Serêkaniyê oder des Tişrîn-Staudamms bei Kobanê.

„Viele Menschen sind gezwungen, auf unsichere Wasserquellen zurückzugreifen oder sich überteuertes Wasser auf dem Markt zu beschaffen“, heißt es in dem Bericht. Besonders Frauen seien dabei gefährdet: Neben körperlicher Erschöpfung berichteten sie von Belästigung, Ausbeutung und sogar sexuellen Übergriffen im Zusammenhang mit der Wasserversorgung. Als Reaktion hat MSF zwölf Bohrlöcher in der Region saniert und die Instandsetzung der Wasserwerke in Al-Aziziyah und Al-Hamma unterstützt, um eine alternative Versorgung für rund eine Million Menschen vorzubereiten.

Lage im Gesundheitsbereich angespannt

Auch im Gesundheitsbereich ist die Lage angespannt. Laut MSF meiden etwa 90 Prozent der Haushalte Arztbesuche – vor allem wegen der hohen Kosten für Konsultationen und Medikamente, fehlender Einrichtungen oder mangelnder Transportmöglichkeiten. Zudem wiesen 85 Prozent der befragten Haushalte mindestens eine Person mit einer chronischen Erkrankung auf. MSF unterstütze daher mehrere Gesundheitseinrichtungen in Hesekê und Raqqa, um eine grundlegende medizinische Versorgung sicherzustellen, insbesondere für Menschen mit nicht übertragbaren Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck.

Die wirtschaftliche Situation verschärft die Krise zusätzlich. Das mittlere Haushaltseinkommen liegt laut MSF bei rund 150 US-Dollar pro Monat – viele Familien leben deutlich darunter. Drei Viertel der Befragten gaben an, regelmäßig mit Nahrungsmittelknappheit konfrontiert zu sein.

„Diese Krise ist nicht nur das Ergebnis eines langanhaltenden Konflikts. Sie ist Ausdruck einer tiefgreifenden Erosion grundlegender Lebensbedingungen“, sagte Barbara Hessel, Programmverantwortliche von Ärzte ohne Grenzen in Nordostsyrien. Sie forderte eine bessere Koordination zwischen lokalen Behörden und humanitären Akteuren sowie eine verlässliche Finanzierung lebenswichtiger Dienste.

Zugleich appellierte MSF an alle Konfliktparteien, zivile Infrastrukturen wie Wasserwerke gemäß dem humanitären Völkerrecht zu schützen. „Die internationale Gemeinschaft muss handeln, um die Widerstandskraft der betroffenen Gemeinden zu stärken“, so Hessel.

Wasserkrise Folge von Besetzung

Die Wasserversorgung in der Region Hesekê hatte sich zuletzt erheblich verschlechtert. Hintergrund ist vor allem die andauernde türkische Besetzung der Stadt Serêkaniyê (Ras al-Ain) im Jahr 2019. Infolge der Invasion kam es zu einer Unterbrechung der Wasserversorgung, was viele Bewohner:innen dazu zwang, auf unsichere Wasserquellen auszuweichen. Die Folge war ein erhöhter Bedarf an humanitären Hilfsleistungen und Investitionen in die Infrastruktur, um eine verlässliche Versorgung mit sauberem Trinkwasser sicherzustellen.

 

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