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KNK: Türkei will Mexmûr und Şengal besetzen


Der KNK fordert die irakische Regierung auf, angesichts der türkischen Invasionspläne ihre Souveränität zu wahren und nicht zum Spielball von „Erdogans schwächelndem Regime“ zu werden.

Türkischer Invasionsplan in Südkurdistan

Der Nationalkongress Kurdistan (KNK) fordert die irakische Regierung auf, ihre Souveränität zu wahren und nicht zum Spielball von „Erdogans schwächelndem Regime“ zu werden. Bereits im März hatte der KNK in einer Dringlichkeitssitzung über die von der Türkei angekündigte Invasion im Norden des Irak und Syriens beraten und ein detailliertes Dossier veröffentlicht, in dem die Folgen der von der Türkei geplanten Militäroperation mit dem Ziel der Besetzung Südkurdistans dargelegt werden. In einer am Montag veröffentlichten Erklärung weist der Exekutivrat des KNK auf den politischen und wirtschaftlichen Hintergrund und die aktuelle Entwicklung in Bezug auf das Geflüchtetenlager Mexmûr und das ezidische Siedlungsgebiet Şengal hin:

Politischer Kontext der geplanten Invasion

„Um die Beweggründe Ankaras für eine Invasion zu verstehen, muss man den weiteren politischen Kontext berücksichtigen. Die Kurd:innen im besetzten Nordkurdistan (Südosten der Türkei) haben nach den Kommunalwahlen vom 31. März die ersten Risse im Thron von ,Sultan' Erdogan verursacht. Die größten politischen Gewinner der jüngsten Wahlen in der Türkei waren die Kurd:innen, die sich in den letzten 22 Jahren trotzig geweigert haben, sich Erdogans Brutalität zu beugen. Selbst Erdogans neo-osmanischer Traum von der Rückeroberung Istanbuls wurde von den Kurd:innen zunichte gemacht, die heute in Istanbul leben, nachdem das türkische Militär in den 1990er Jahren ihre Dörfer niedergebrannt hatte.

Und obwohl die AKP Tausende von Soldaten, Polizisten, Beamten und paramilitärischen Einheiten einsetzte, um die Wahlen in Nordkurdistan zu manipulieren, erlitt sie eine vernichtende Niederlage. Folglich wollen sich Erdogan und sein Koalitionspartner, die ultranationalistische MHP, nun für ihre peinliche Wahlniederlage mit einem neuen Krieg gegen die Kurd:innen rächen.

Ein neuer Krieg gegen die Kurd:innen im Irak soll Erdogans Macht wiederherstellen

Leider müssen wir feststellen, dass sich der Irak bereits dem Druck der türkischen Diplomatenbesuche beugt. Der verstärkte Druck der irakischen Streitkräfte auf Mexmûr (Makhmour), wo 10.000 Flüchtlinge leben, und Şengal (Sinjar), wo die Überlebenden des IS-Völkermords leben, zeigt, wie die Regierung in Bagdad Bereitschaft zeigt, Erdogans Befehlen zu folgen. All dies geschieht in einem Umfeld, in dem der türkische Verteidigungsminister Yasar Güler und Erdogan öffentlich die Absicht bekunden, ihr Militär 30 bis 40 Kilometer tief in das irakische Hoheitsgebiet zu verlegen und es halb einzugrenzen, so wie sie es mit Teilen Nordsyriens bereits getan haben.

Neben seinem üblichen antikurdischen Kreuzzug ist es eines von Erdogans Zielen, den Weg für eine neue Handelsroute zu ebnen, das ,türkisch-irakische Entwicklungsprojekt', das er als ,neue Seidenstraße' und Alternative zum IMEC (India - Middle East - Europe Economic Corridor) sieht, der die Türkei umgeht. Diese 1.200 Kilometer lange Strecke des Straßen- und Schienenverkehrs soll den Persischen Golf mit der Türkei verbinden und verläuft quer durch Süd- und Nordkurdistan (Nordirak und Südosttürkei).

Die kurdische PKK-Guerilla leistet seit Jahrzehnten Widerstand gegen die türkische Besatzungsarmee in den Bergregionen, durch die das Projekt führen soll. Die Türkei hatte gehofft, dass das Gebiet vollständig von der PDK kontrolliert werden könnte, die Erdogans Regime die Ausbeutung gegen eine Gewinnbeteiligung überlassen würde. Doch da sich dies nicht bewahrheitet hat, bittet Ankara nun Bagdad um Unterstützung.

In einem ersten Schritt will Erdogan erreichen, dass die irakische Regierung die kurdischen Flüchtlinge in Mexmûr und die Ezid:innen in Şengal zum Schweigen bringt. Er nutzt diese beiden Gebiete als Testfall, um zu prüfen, inwieweit Bagdad seinen Befehlen gehorcht. Sobald diese Gebiete effektiv von der Außenwelt abgeschottet sind, will Erdogan sie militärisch besetzen. Der Grund dafür ist, dass beide Gebiete am Dreh- und Angelpunkt der neuen ,Seidenstraße' liegen und die Investoren ,Sicherheit' (d.h. türkische Militärkontrolle) haben wollen, bevor sie das Projekt finanzieren.

Bagdad und die Weltgemeinschaft sollten sich widersetzen

Als KNK fordern wir die irakische Regierung auf, ihre Souveränität zu wahren und nicht zum Spielball von Erdogans schwächelndem Regime mit seiner kollabierenden Wirtschaft und seiner abstürzenden Währung zu werden. Erdogan möchte die irakische Regierung in einen neuen ,Saddam Hussein' verwandeln, indem er sie dem brutalen Diktator nacheifern lässt, dem viele in der Vergangenheit zum Opfer gefallen sind. Doch Bagdad sollte sich Erdogans Manipulationen widersetzen, denn Mexmûr und Şengal sind für die kurdische Nation rote Linien. Jeder türkische Versuch, diese Regionen zu besetzen, wird einen Feuersturm des Widerstands in ganz Kurdistan entfachen. Anstatt Ankaras Drecksarbeit zu erledigen, sollte Bagdad die Menschen in Mexmûr und Şengal ehren, die sich zusammen mit der PKK der Übernahme des Irak durch den IS widersetzt haben. Zu einer Zeit, als Erdogan den IS bewaffnete und dabei unterstützte, irakische Bürger:innen und Militärs zu ermorden, war es die kurdische Guerilla der PKK, die dazu beitrug, dass sich das IS-Kalifat nicht über den gesamten Irak ausbreiten konnte. Es wäre angemessen, dass Bagdad mit Dankbarkeit und nicht mit Verrat reagiert.

Wir appellieren an das irakische Parlament und die Regierung, den Irak nicht zu destabilisieren und das Land nicht auf Erdogans Wunsch in einen Krieg zu treiben. Wir appellieren an die Kurd:innen und Ezid:innen in Mexmûr und Şengal, sich gegen dieses Komplott zur Vollendung des vom IS nicht erreichten Ziels zu vereinen. Wir rufen die Freundinnen und Freunde des kurdischen Volkes auf, ihre Stimme gegen diese Politik der Invasion, der Besatzung und der Vertreibung im Namen einer Handelsroute zu erheben. Und wir fordern die NATO, die UNO und die EU auf, der Gesetzlosigkeit Erdogans Einhalt zu gebieten und ihn zu zwingen, sich an das Völkerrecht zu halten, indem er seine expansionistischen neo-osmanischen Invasionen in der Region beendet. Es ist unehrenhaft, mit dem Blut unschuldiger Menschen wirtschaftliche Entwicklung zu betreiben, indem man in ihr Heimatland eindringt und es besetzt.“

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