Şengal organisiert kommunale Selbstverwaltung neu
In Şengal haben rund 350 Delegierte den Verband der Kommunen der Volksräte gegründet. Ziel ist eine stärkere Selbstorganisation auf Basis demokratischer, ökologischer und geschlechtergerechter Prinzipien.
Die Autonomieverwaltung in der Şengal-Region in Südkurdistan hat sich neu strukturiert. Bei einer Konferenz mit rund 350 Delegierten wurde die Gründung eines Kommunenverbands beschlossen. Ziel sei es, die Arbeit der lokalen Volksräte auf eine stärker gemeinschaftlich und demokratisch organisierte Grundlage zu stellen, heißt es in der am Sonntag veröffentlichten Abschlusserklärung der Konferenz.
Die Versammlung der Volksräte fand unter dem Motto „Mit unseren Kommunen bauen wir unsere eigene Struktur, unser Land und unser Leben gemeinschaftlich auf“ statt. Delegierte aus anderen selbstverwalteten Gebieten wie dem Camp Mexmûr, der Berggemeinde Binarê Qendîl sowie Grußbotschaften aus Nord- und Ostsyrien verliehen der Konferenz symbolische Bedeutung für die kurdischen Selbstverwaltungsstrukturen.
Zu den wichtigsten Beschlüssen gehört die Entscheidung, sich künftig unter dem Namen „Verband der Kommunen der Volksräte von Şengal“ neu zu organisieren. Die Delegierten wählten Xwedêda Ilyas und Mariya Şengalî zu den neuen Ko-Sprecher:innen des Verbands.
Demokratischer Aufbau als Alternative zum Staatsmodell
In der Abschlusserklärung wurde betont, dass sich die Volksräte als Teil eines gesellschaftlichen Modells verstehen, das auf demokratischer Selbstverwaltung, Geschlechtergerechtigkeit, ökologischen Prinzipien und kollektiver Verantwortung beruht. Die Teilnehmenden verwiesen auf das Konzept des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan, der die kommunale Selbstorganisation als Schlüssel zur Lösung gesellschaftlicher Probleme definiert hat.
Kritisiert wurde auch, dass staatliche Strukturen die Idee der kommunalen Selbstorganisation ausgehöhlt und entpolitisiert hätten. Der neue Verband wolle diesem Trend entgegenwirken und die Entscheidungsgewalt wieder in die Hände der lokalen Bevölkerung legen. Dabei sei die aktive Rolle von Frauen ein zentrales Prinzip, das sowohl organisatorisch als auch politisch gestärkt werden solle.
Rückblick auf elf Jahre Selbstverwaltung und Perspektiven
Ein weiteres Thema der Konferenz war die Bilanz der bisherigen Arbeit der Volksräte Şengals seit ihrer Gründung vor elf Jahren. Trotz schwieriger Bedingungen – darunter Instabilität, Vertreibung und die Nachwirkungen des Genozids an der ezidischen Bevölkerung durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) – hätten die lokalen Strukturen versucht, den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden.
Insbesondere bei der Rückkehr vertriebener Ezid:innen, beim Wiederaufbau von Infrastruktur und im Widerstand gegen Zwangsmigration und Assimilationsdruck habe man wichtige Beiträge geleistet. Gleichzeitig wurden Mängel offen benannt und Ziele für die nächste Etappe formuliert: Eine Ausweitung kommunaler Dienstleistungen, breitere Partizipation und nachhaltige Projekte zur Sicherung der Lebensgrundlagen seien Teil der neuen Ausrichtung.
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