Selbstverwaltung: Sanktionen sollten kippen, aber Frauen müssen Gehör finden
Auf der 4. YRJ-Konferenz in Qamişlo begrüßte Ilham Ehmed, Ko-Außenbeauftragte der Selbstverwaltung Nordostsyriens, die Aufhebung internationaler Sanktionen – zugleich warnte sie vor einem Ausschluss von Frauen und Minderheiten im politischen Reformprozess
Ilham Ehmed, Ko-Vorsitzende der Außenabteilung der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES), hat auf der vierten Konferenz des Frauenmedienverbands YRJ (Yekîtiya Ragihandina Jinê) in Qamişlo umfassende politische Reformen in Syrien gefordert. Insbesondere betonte sie, dass eine Aufhebung westlicher Sanktionen nur dann sinnvoll sei, wenn sie mit tatsächlichen demokratischen Fortschritten einhergehe, insbesondere unter Einbeziehung von Frauenstimmen.
„Wir begrüßen die Bemühungen zur Aufhebung der Sanktionen, aber es braucht eine klare Kursänderung. Ohne die Beteiligung von Frauen, ethnischen Gruppen und der Bevölkerung an politischen Entscheidungen wird es keinen nachhaltigen Wandel geben“, sagte Ehmed bei ihrer Rede an der Rojava-Universität.
„Medien haben Frauen sichtbar gemacht“
Zu Beginn ihrer Rede würdigte Ehmed die Rolle der Frauenmedien und Journalistinnen in der kurdischen Bewegung. „Die Geschichte der Menschheit hat den Beitrag von Frauen zu Revolution und Wandel lange verschwiegen. Erst durch die Frauenpresse wurde ihre Stimme überhaupt hörbar“, sagte sie. Die aktuelle Konferenz zeige, wie wichtig es sei, dass Frauen nicht nur Berichterstattung betreiben, sondern selbst aktive politische Akteurinnen seien.
Kritik an Übergangsregierung
Mit Blick auf die derzeitige politische Lage in Syrien kritisierte Ehmed die bisherigen Schritte der neuen Übergangsregierung in Damaskus als unzureichend. „Erneuerung heißt nicht nur, Köpfe auszutauschen. Ohne rechtliche und strukturelle Absicherung der Rechte von Frauen und Minderheiten bleibt es bei Symbolpolitik“, sagte sie.
Auch die Einrichtung eines neuen Parlamentsprozesses stehe unter Vorbehalt: „Einige Regionen Syriens wurden nicht in die Wahlen einbezogen, die Rechte der Völker dieses Landes bleiben weiterhin unberücksichtigt. Die angekündigten Reformen greifen zu kurz.“ Sie rief zu einem umfassenden innersyrischen Dialog auf, um eine gemeinsame Verfassung und gesellschaftlichen Ausgleich zu ermöglichen.
Rolle externer Akteure und Verantwortung der Türkei
Ehmed kritisierte sowohl die wiederholten äußeren Einmischungen in Syrien als auch die restriktive Haltung der syrischen Regierung, die aus ihrer Sicht bewusst Stimmen der Opposition und Zivilgesellschaft unterdrücke. Gleichzeitig nahm sie Bezug auf die politische Situation in der Türkei: „In Nordkurdistan und der Türkei gibt es derzeit ein sensibles Zeitfenster. Die kurdische Seite, vertreten durch Abdullah Öcalan, hat wichtige Schritte für Frieden gemacht, doch Ankara begegnet dem mit Angst und Blockade“, sagte sie. Eine demokratische Lösung der kurdischen Frage in der Türkei hätte laut Ehmed auch positive Auswirkungen auf die Region insgesamt, einschließlich Syriens.
Appell an Frauenbewegung und Medien
Am Ende ihrer Rede rief Ilham Ehmed die Frauenbewegung und die Medien dazu auf, aktiver Teil des Umgestaltungsprozesses zu sein. Die Blockade der kurdischen Stadtteile Şêxmeqsûd und Eşrefiyê in Aleppo durch syrische Regierungstruppen bezeichnete sie als Teil einer bewussten Schwächungspolitik gegen Selbstverwaltungsgebiete. „Diese Blockade trifft nicht nur Kurd:innen, sie trifft alle Menschen in Syrien.“
Ehmed schloss mit einem Appell: „Die neue Phase verlangt nach einem neuen politischen Ton, nach einem neuen Dialog. Frauen und Medien sollten gemeinsam Antworten auf die Frage suchen, wie ihre Stimmen gestärkt werden können. Denn: Demokratie und Frieden beginnen mit der Anerkennung.“
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