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Prozess in Paris: Zementkonzern wegen Terrorfinanzierung in Rojava vor Gericht

 


In Paris hat der Prozess gegen den Zementhersteller Lafarge begonnen. Der Konzern soll dschihadistische Milizen in Rojava mit Millionenbeträgen finanziert haben, um den Betrieb einer Fabrik nahe Kobanê zu sichern. Auch Ex-Chef Bruno Lafont ist angeklagt.

Lafarge soll Islamisten mit Millionen bezahlt haben
 
ANF / PARIS, 4. Nov. 2025.

Wegen mutmaßlicher Zahlungen an dschihadistische Gruppen in Rojava (Nordsyrien) steht der französische Zementhersteller Lafarge seit Dienstag in Paris vor Gericht. Im Mittelpunkt des Verfahrens steht der Vorwurf der Terrorismusfinanzierung. Acht ehemalige Führungskräfte, darunter der frühere Konzernchef Bruno Lafont, müssen sich verantworten.

Die Anklage wirft dem Unternehmen vor, in den Jahren 2013 und 2014 rund fünf Millionen Euro an die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) und andere bewaffnete Milizen gezahlt zu haben. Ziel der Zahlungen sei es gewesen, den Betrieb des Zementwerks im südöstlich von Kobanê gelegenen Ort Çelebiyê (al-Dschalabiyya) trotz des Krieges in Syrien aufrechtzuerhalten.

Ehemaliger Vorstandschef weist Verantwortung zurück

Vor Beginn des Prozesses kündigte Ex-CEO Lafont an, seine „Ehre verteidigen“ zu wollen. Er verwies auf Kontakte zu französischen Geheimdiensten, mit denen das Unternehmen in jener Zeit Informationen zur Sicherheitslage ausgetauscht habe. Die Ermittler betonten jedoch, dass dies keine rechtliche oder politische Billigung der Geldflüsse durch staatliche Stellen bedeute.

Nebenkläger:innen fordern Aufarbeitung wirtschaftlicher Verantwortung

Die Pariser NGO Sherpa, die als Nebenklägerin auftritt, bezeichnete das Verfahren als „einmalige Gelegenheit“, um die Rolle multinationaler Konzerne in Konfliktgebieten juristisch aufzuarbeiten. Gemeinsam mit früheren syrischen Beschäftigten wirft Sherpa dem Konzern vor, Profit über Menschenleben gestellt zu haben. „Anstatt die Sicherheit der Belegschaft zu gewährleisten, hat Lafarge bewaffnete Gruppen finanziert“, erklärte einer der Kläger.

Lafarge hatte das Zementwerk in Çelebiyê 2008 für rund 680 Millionen Dollar gekauft und zwei Jahre später in Betrieb genommen. 2012 wurden internationale Mitarbeiter abgezogen, der Betrieb lief mit örtlichen Angestellten weiter. 2014 übernahm der selbsternannte IS die Kontrolle über das Gelände.

Weitere Vorwürfe und internationale Konsequenzen

Neben Terrorfinanzierung geht es im Verfahren auch um den Vorwurf der Missachtung internationaler Sanktionen. Für diesen Tatbestand könnten deutlich höhere Strafen verhängt werden. Das Strafmaß bei einer Verurteilung wegen Terrorfinanzierung liegt bei bis zu 1,1 Millionen Euro.

Die französische Justiz ermittelt seit 2017 gegen Lafarge, ein Verfahren wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist derzeit noch anhängig. Im Januar 2024 war ein Versuch des Unternehmens gescheitert, die Ermittlungen hierzu gerichtlich stoppen zu lassen. Ob es zu einem weiteren Prozess kommt, ist bislang unklar.

Lafarge hatte sich bereits 2022 in den USA in einem ähnlichen Verfahren schuldig bekannt, Zahlungen an den IS geleistet zu haben. Dort akzeptierte der Konzern, der 2015 mit dem Schweizer Baustoffunternehmen Holcim fusionierte, eine Strafzahlung in Höhe von 778 Millionen US-Dollar (rund 692 Millionen Euro). Die Marke Lafarge besteht innerhalb des neu formierten Unternehmens weiterhin.

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