789 Kooperativen in Efrîn-Şehba aufgebaut
Unter Angriffen und sozialer Not wird im Kanton Efrîn-Şehba seit 2022 eine solidarische Ökonomie aufgebaut. In den vergangenen zwei Jahren sind 789 Kooperativen entstanden, die 5.200 Familien versorgen.
Der Aufbau einer solidarischen, ökologischen und demokratischen Ökonomie ist eines der Ziele der immer weiter fortschreitenden Revolution von Rojava. Unter Angriffen, ökonomischer Not und Embargo entstehen trotzdem immer neue Projekte. Einer dieser Orte ist der Kanton Efrîn-Şehba. Ursprünglich lebten in der nördlich von Aleppo gelegenen wüstenhaften Region etwa 90.000 Menschen. Nach der türkischen Invasion in Efrîn kamen weit über 100.000 Binnenflüchtlinge dazu. Seit 2018 findet in Şehba trotz andauernder türkischer Angriffe und des Embargos durch das Assad-Regime und der Türkei ein solidarischer Aufbau auch im Bereich der Ökonomie statt. 2022 wurde der Fokus auf den Aufbau von Kooperativen gelegt. Yahya Hesen Mihemed ist einer der Koordinatoren des Aufbaus der Kooperativprojekte in der Region. Im ANF-Gespräch berichtete er über die Entwicklungen.
Der Aufbau der Kooperativen basiert auf den Basisräten der Kommunen und
ist an diese angeschlossen. So wird eine demokratische Kontrolle der
Ökonomie gewährleistet. Yahya Hesen Mihemed führte aus: „Nach der
Besetzung von Efrîn bestand die Notwendigkeit, kooperative Projekte für
die Menschen zu entwickeln, die nach Şehba geflohen sind. Die Menschen
aus Efrîn lieben die Natur und das Grün. Aufgrund der geografischen
Gegebenheiten des Kantons leben wir in einem Gebiet, das sich für die
Entwicklung von Kooperativen eignet. Wir organisieren unsere Aktivitäten
über das Kommunensystem, in dem sich die Gesellschaft direkt selbst
repräsentiert. Über die Kommunen haben wir landwirtschaftliche
Kooperativen aufgebaut, indem wir jeweils fünf bis sechs Familien
zusammengebracht haben. Die kooperative Organisierung war wichtig für
die Entwicklung der Gesellschaft und für den Fortbestand des
alltäglichen Lebens. Sie war auch ein wichtiger Schritt für die
Solidarität zwischen den Völkern, den Kollektivismus und die Entwicklung
einer auf Selbstbestimmung basierenden Wirtschaft. Wir haben jeder
Familie ein bis zwei Hektar Land zugewiesen. Die Hektarzahl richtete
sich nach der Anzahl der Familien in jeder Kooperative. Bei sieben
Familien werden bis zu zehn Hektar Land an die Familien abgegeben.
Unsere wichtigsten Kooperativen sind die Weizenkooperativen, da diese
das am meisten benötigte Nahrungsmittel produzieren. Neben Weizen werden
auch Gerste, Kümmel, Hülsenfrüchte usw. je nach den Bedürfnissen der
Nachbarschaft produziert."
Mihemed berichtete über die Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre: „Da es sich um ein neues Projekt handelt, haben wir die Familien der Kooperativen direkt materiell unterstützt. Wir haben uns je nach Bedarf organisiert, vom Pflügen des Feldes über das Pflanzen und Ernten bis hin zu der Aufzucht von Setzlingen. Auch Düngemittel und Mittel zur Vorbeugung von Krankheiten wurden gekauft. Da das Projekt neu ist, versorgen wir die Kooperativen direkt, aber in den kommenden Jahren werden sie in der Lage sein, ihre Arbeit selbständig fortzusetzen. Wir versuchen, Bewässerungsmöglichkeiten zu schaffen. Deshalb bevorzugen wir Feuchtgebiete.
Im Jahr 2022 wurden 2.100 Hektar Land für landwirtschaftliche Kooperativen genutzt. 227 landwirtschaftliche Kooperativen wurden entwickelt. Bei 65 Prozent dieser Projekte wurden die gewünschten Ergebnisse erzielt. Bei einigen Projekte gelang das nicht, denn sowohl die Angriffe als auch das Embargo und die saisonalen Bedingungen waren nicht günstig. Neben den landwirtschaftlichen Kooperativen wurde zum ersten Mal eine Bäckereikooperative geschaffen. Diese produziert täglich ungefähr 7.000 Säcke Brot.“
„Es geht um die Stärkung der Solidarität“
Beim Aufbau der Kooperativen geht es laut Mihemed auch um die Stärkung der gesellschaftlichen Solidarität: „In solidarischer Zusammenarbeit wird den Familien ein Anteil an den Erträgen zugewiesen. Wir erzielen keine Profite aus den Erträgen, außer der finanziellen Unterstützung, die wir den Kooperativen für ihre Entwicklung zuvor gewährt haben. Die übrigen Einnahmen werden für verschiedene weitere kooperative Projekte verwendet. Wir erhalten fünfzehn Prozent der Einnahmen der kooperativen Projekte, und der Rest wird an die Familien in der Kooperative verteilt."
562 Projekte im Jahr 2023 umgesetzt
Die Zahl der Kooperativen steigt kontinuierlich. „Im Jahr 2022 haben wir 227 Projekte auf 2.100 Hektar Land aufgebaut, die meisten davon waren Kooperativen für den Weizen-, Gersten-, Hülsenfrüchte- und Kümmelanbau. Außerdem beteiligten sich 1.500 Familien an den Kooperativen. Die Arbeitslosenquote sank um 30 Prozent. Die Menschen wurden aktiv in die Gesellschaft eingebunden, und es kam zu einer wirtschaftlichen Entwicklung. Darüber hinaus wurde weitere Abwanderung durch diese Projekte verhindert. Im Jahr 2023 stieg die Nachfrage nach Kooperativen und es wurden 375 landwirtschaftliche Kooperativen gegründet. Derzeit verfügen wir über 2.547 Hektar Land. 2.246 Hektar Land sind bewirtschaftet worden. Somit sind 3.700 Familien in Kooperativen eingebunden worden. Wir haben auch 187 Oliven-Kooperativen gegründet, und eintausend Familien sind an diesen beteiligt“, so Yahya Hesen Mihemed. Der Aufbau der Kooperativen gehe trotz Embargo und Angriffen auch 2024 weiter: „Wir wollen unsere Wirtschaft auf der Grundlage unserer eigenen Stärke entwickeln, ohne vom Ausland abhängig zu sein. Wir werden ein Gewächshausprojekt und Produktionsstätten für Joghurt, Käse, Futtermittel und Bulgur aufbauen.“
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