Der Rat der Angehörigen der Gefallenen – Das Herz der Revolution
Bei der Verteidigung von Nord- und Ostsyrien sind bisher 11.804 Kämpfer:innen gefallen. Jeden Tag kommen aufgrund der Angriffe neue hinzu. Der Rat der Familien der Gefallenen kümmert sich in acht Komitees und 199 Kommunen um die Angehörigen.
Der Rat der Familien der Gefallenen stellt eine der wichtigsten Institutionen der Selbstverwaltung der Menschen in Nord- und Ostsyrien dar, da fast jede Familie Gefallene bei der Verteidigung der Revolution und der Region zu verzeichnen hat. Seit Beginn der Revolution im Jahr 2012 sind 11.804 Kämpfer:innen gefallen, und ihre Zahl wächst jeden Tag weiter. Allein die Zahl der Ehepartner:innen von Gefallenen beträgt mindestens 3.893, und die Zahl der Kinder von Gefallenen beträgt 11.585. Hêvî Seyîd, die Verantwortliche des Frauenrats der Angehörigen der Gefallenen, beschreibt ihre Arbeit: „Wenn wir die Familien besuchen, schöpfen die Frauen Kraft aus unserer Anwesenheit. Wir sind auch Angehörige von Gefallenen. Sie erhalten sowohl von uns als auch von der Gesellschaft Unterstützung und merken, dass sie nicht allein sind.“
Der Angehörigenrat organisierte sich bereits vor der Revolution im Jahr 2008 in der Region Şehba als Komitee der Gefallenen von Şehba. Mit dem Beginn der Revolution in Rojava fand am 28. Juli 2011 im Dorf Bestasus in Dêrik die erste Konferenz von Familien der Gefallenen statt. Nach der Konferenz begannen sich kleine Gruppen in jeder Stadt zu organisieren. Als Institution von Angehörigen verbreitete sich die Vereinigung immer weiter und arbeit seit 2015 als Rat der Angehörigen von Gefallenen in allen Städten fort. Der Rat ist in acht Komitees organisiert und umfasst 199 Kommunen. Diese Kommunen sind eng mit den Kommunen als zentrale Einheiten der basisdemokratischen Selbstverwaltung verbunden. Die Kommunen des Rats der Angehörigen der Gefallenen bestehen aus 25 bis 50 Personen.
Der Angehörigenrat hielt in diesem Jahr seinen ersten Kongress ab und ist in Şehba, Aleppo, Minbic, Kobanê, Tabqa, Raqqa, Deir ez-Zor, Şedadê (asch-Schaddadi), Hesekê, Til Temir, Til Berak, Dirbêsiyê, Amûdê, Qamişlo, Tirbespiyê, Til Hemîs, Til Koçer, Dêrik und Girkê Legê sowie in den Lagern Serêkaniyê und Waşokanî organisiert.
Es gibt elf Leichenhäuser des Rats. Diese befinden sich in Dêrik, Qamişlo, Hesekê, Raqqa, Kobanê-Sirîn, Minbic, Aleppo und Şehba. Die Anzahl der Gefallenenfriedhöfe und dort bestatteten Gefallenen ist nach Städten wie folgt aufgeschlüsselt: Şedadê 426 Gefallene, Til Hemîs 90 Gefallene, Amûdê 74 Gefallene, Minbic 351 Gefallene, Til Koçer 96 Gefallene, Kobanê 1.739 Gefallene auf vier Friedhöfen, Qamişlo 891 Gefallene auf zwei Friedhöfen, Dêrik 980 Gefallene, Raqqa 420 Gefallene auf zwei Friedhöfen, Tirbespiyê 194 Gefallene, Aleppo 38 Gefallene, Şehba 220 Gefallene auf zwei Friedhöfen, Hesekê 1090 Gefallene auf drei Friedhöfen, Dirbêsiyê 544 Gefallene, Til Hemîs 269 Gefallene, Deir ez-Zor 349 Gefallene auf drei Friedhöfen und Tabqa 230 Gefallene.
Komitees und Akademien des Rats
Der Rat der Familien der Gefallenen verfügt ähnlich wie die Kommunen in Rojava über nach Bedarf gegründete Komitees. Ein wichtiges Komitee ist das Bildungskomitee. Es trägt die Verantwortung für die Bildung aller Mitglieder des Rates entlang der Prinzipien einer geschlechterbefreiten, ökologischen und demokratischen Gesellschaft. An den Akademien des Rates werden auch Berufsbildung und sonstige Weiterbildungen angeboten. Das gilt insbesondere auch für Kinder von Gefallenen. Ihre Bildung wird auf jeder Ebene, sowohl materiell als auch ideell, unterstützt und organisiert. Gleichzeitig schafft der Rat die Grundlage, dass die Familienangehörigen auch an Bildungsprogrammen teilnehmen können. Der Rat legt in diesem Sinne einen Schwerpunkt auf die Akademie für die Kinder der Gefallenen und zielt darauf ab, in allen Städten ein eigenes Schulmodell auszuweiten, an dem zweijährige EDV-Ausbildung, Elektronik, Design, Physik, Chemie, Mathematik, Kurdisch, Englisch und Arabisch Ausbildungen angeboten werden. Im Moment gibt es die Schule „Sehîd Beşîr Qamişlo“ für Technik als Pilotprojekt.
Ein weiteres wichtiges Komitee ist das Verständigungs- und Versöhnungskomitee. Es versucht, alle sozialen Probleme der Angehörigen auf der Grundlage der Verständigung und dem Prinzip des Aufbaus einer moralisch-politischen Gesellschaft zu lösen.
Gleichzeitig gibt es einen Bewertungs- und Beobachtungsausschuss, dessen Aufgabe es ist, die Situation der Familien zu verfolgen und zu analysieren und den Bedarf der Familien zu ermitteln. Über jede Familie erstellt der Ausschuss einen Bedarfsbericht.
Gesundheitsversorgung mit begrenzten Möglichkeiten
Das Gesundheitskomitee beschäftigt sich mit der Verbesserung der öffentlichen Gesundheitsversorgung und der erweiterten Versorgung der Familien von Gefallenen trotz der durch Embargo und Krieg beschränkten Mittel. Gleichzeitig geht es um Gesundheitsbildung.
Ökonomie auf der Grundlage der Gesellschaft
Wie jede Institution der Selbstverwaltung verfügt auch der Rat der Angehörigen der Gefallenen über ein Ökonomiekomitee, das sich für den Aufbau einer kommunalistischen, auf Kooperativen basierenden, basisdemokratischen Wirtschaft einsetzt. Das Komitee baut Kooperativen auf, in denen die Angehörigen von Gefallenen arbeiten können und durch die sie versorgt werden. Die Kooperativen umfassen insbesondere Landwirtschaft und Viehzucht.
Ein Gedächtnis der Gesellschaft
Die Archiv- und Pressekommission stellt das Herz des Rates dar. Hier werden die Daten und Berichte, Tagebücher, Informationen über die Gefallenen erfasst und mit der Öffentlichkeit geteilt.
Organisierung von Kindern und Partner:innen von Gefallenen
Der Frauenrat und die Mütter von Gefallenen kümmern sich direkt um die Partner:innen von Gefallenen. Der Frauenrat nimmt an allen Aktivitäten des Gesamtrats teil und hat am 25. Mai 2021 seine erste Konferenz veranstaltet. Am 25. August 2023 folgte der zweite Kongress. Auf der Konferenz wurde insbesondere Kritik und Selbstkritik geübt und eine Verbesserung der Arbeit beschlossen.
60 gefallene Internationalist:innen
Hesen Ubeyd vom Rat der Familien der Gefallenen im Kanton Cizîrê
erklärte: „Wir haben jeden Tag Gefallene. Als Rat der Angehörigen von
Gefallenen sind wir jederzeit bereit, die Familien, insbesondere die
Partner:innen und Kinder, zu unterstützen. Unsere Hauptaufgabe ist es,
diesen Familien zu helfen. Auf dem Boden von Nord- und Ostsyrien hat
sich das Blut kurdischer, arabischer, armenischer, assyrischer,
aramäischer, turkmenischer, deutscher, französischer, kanadischer,
ägyptischer und vieler weiterer internationaler Gefallener vermischt.
Die Revolution hat dieses Ergebnis hervorgebracht. Es gibt etwa 60
gefallene Internationalistinnen und Internationalisten. Neun Familien
haben unsere Region besucht und setzen sich für den Kampf ihrer Kinder
ein.“
„Unsere Aufgabe ist es Lösungen zu schaffen”
Hêvî Seyîd, Verantwortliche des Frauenrats der Angehörigen von
Gefallenen im Kanton Cizîrê berichtete im ANF-Gespräch: „Unser Ziel ist
es, die Schule Şehîd Bêşîr Qamişlo für Technologie in allen Städten
einzuführen. Unsere Vorbereitungen gehen in diese Richtung. In den
Sommermonaten werden kurdische, englische und arabische Sprachen und
Musik unterrichtet. Wir nutzen die Schließung der Schulen, um uns auf
die Erziehung gesunder und bewusster Kinder zu konzentrieren. Die
Partner:innen der Gefallenen durchlaufen ideologische und berufliche
Bildungen in Akademien. Außerdem werden sie in Tätigkeiten wie Malen,
Nähen und Sticken sowie in die Landwirtschaft und Viehzucht in
Kooperativen einbezogen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Neben dem
Frauenrat arbeiten Partnerinnen von Gefallenen in vielen Bereichen, von
Gesundheit bis zum Handel, von Fraueneinrichtungen bis zur Wirtschaft.
Unsere Aufgabe ist es, die Gefühle der Frauen zu verstehen, ihnen
Verständnis entgegenzubringen und sie zu unterstützen. Wenn wir die
Familien besuchen, schöpfen die Frauen Kraft aus uns. Wir sind auch
Angehörige von Gefallenen. Sie bekommen Kraft von uns und aus der
Gesellschaft; sie spüren, dass sie nicht allein sind.”
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