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Corona in Nordostsyrien: dramatischer Anstieg, unwillige Bevölkerung



Die nordostsyrische Autonomieverwaltung erwägt offenbar wieder die Einführung eines Verbots aller Großveranstaltungen. Die Bereitschaft der Bevölkerung, notwendige Corona-Regeln einzuhalten, sei gering.

Wegen den dramatisch steigenden Fallzahlen und der immer geringeren Bereitschaft der Bevölkerung zum Einhalten von Abstandsregeln und dem Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes erwägt die Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien wieder die Einführung eines Verbots aller Großveranstaltungen und anderen Ansammlungen und Zusammenkünften von Personen im öffentlichen Raum. Das gab Dr. Ciwan Mistefa als Ko-Vorsitzender des Gesundheitskomitees mit Blick auf die aktuellen Corona-Zahlen am Sonntag in Qamişlo bekannt.

Die selbstverwalteten Regionen Syriens haben nach Angaben von Mistefa bis Sonntagmittag 173 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages gemeldet. Im gleichen Zeitraum sind weitere drei Menschen an den Folgen der Viruserkrankung gestorben. Damit wurden seit Ausbruch der Pandemie 3.798 Infektionen mit dem Erreger von Covid-19 labordiagnostisch bestätigt. Die Zahl der Menschen, die im Zusammenhang mit Corona gestorben sind, liegt aktuell bei 112. Als genesen gelten laut dem Gesundheitskomitee 672 Menschen.

Nord- und Ostsyrien hatte die Corona-Pandemie dank frühzeitiger Kontaktbeschränkungen zunächst gut im Griff. Monatelang konnten sich die Autonomiegebiete erfolgreich abschotten, weitgehend geschlossene Grenzen und strikte Quarantäneauflagen hielten das Virus fern. Doch seit Ende Juli hat die vielfach befürchtete Infektionswelle Nordostsyrien erfasst. Täglich steigen die Fallzahlen weiter an. Während Ciwan Mistefa zu Beginn noch die syrische Regierung in der alleinigen Verantwortung sah, das Virus in die Autonomiegebiete eingeschleppt zu haben, hat sich die Kritik des Arztes inzwischen auch auf die Bevölkerung von Nord- und Ostsyrien kanalisiert.

Zwar hatte Rojava schon im April bemängelt, dass unter anderem der von Damaskus kontrollierte Flughafen in Qamişlo eine große Schwachstelle in den Präventionsmaßnahmen gegen Corona darstellt, und der Assad-Regierung vorgeworfen, nicht zum Kampf gegen die Pandemie beizutragen. Damals waren sogar Viruskontrollen durch Pandemiepräventionsteams der Selbstverwaltung sabotiert und Einreisende aus Damaskus von Flughafenmitarbeitern regelrecht verschleppt worden, damit sie nicht in Quarantäne genommen werden. Mittlerweile herrscht auch in den nordostsyrischen Gesundheitsbehörden Konsens darüber, dass die Bereitschaft der eigenen Bevölkerung, notwendige Corona-Regeln einzuhalten, mehr und mehr schwindet.

Wann die Corona-Regeln in Nord- und Ostsyrien wieder verschärft werden und ob sich die Autonomieverwaltung auch mit anderen Maßnahmen für den kommenden Winter rüsten will, ist noch nicht klar. Es wird vermutet, dass wohl noch im Laufe der kommenden Woche ein neues Dekret erlassen wird.

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