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SNA entführt tausende Zivilist:innen


Die von der Türkei gesteuerte Dschihadistenallianz SNA soll tausende Zivilist:innen aus der Şehba-Region entführt haben. Die QSD sprechen von einer „groß angelegten Entführungs- und Versklavungskampagne“.

Auf der Flucht aus Şehba

Islamistische Milizen haben in den vergangenen Tagen Aleppo und Şehba besetzt. Zehntausende fliehen vor den Dschihadisten in die Gebiete der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (AANES). Insbesondere Kurd:innen, Ezid:innen, Christ:innen und Angehörige anderer religiöser oder ethnischer Minderheiten fürchten die Verfolgung und Unterdrückung durch die Islamisten. Nachrichten über gezielte Entführungen von fliehenden Zivilist:innen scheinen diese Furcht nun zu bestätigen.

Bisher rund 15.000 Entführungen 

Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) warfen der von der Türkei gesteuerten Dschihadistenallianz „Syrische Nationalarmee“ (SNA) am Donnerstag die Entführung von tausenden Menschen aus der nördlich von Aleppo gelegenen Şehba-Region vor. QSD-Pressesprecher Farhad Şamî sprach von einer „groß angelegten Entführungs- und Versklavungskampagne“ durch SNA-Söldner und rund 15.000 Verschleppten. Einige hundert entführte Zivilist:innen würden an einem unbekannten Ort in der wenige Kilometer nordöstlich von Aleppo gelegenen Industriestadt Sheikh Najjar festgehalten, sagte Şamî. Sie befanden sich in einem Konvoi auf dem Weg in sichere Gebiete, als 120 Fahrzeuge von Dschihadisten abgefangen wurden. Zuvor hatte die unter türkischem Kommando stehende SNA eine von den QSD mit HTS ausgehandelte Evakuierung der Zivilbevölkerung mehrfach blockiert.

Deutschland-Vertretung von AANES fordert Handeln der Bundesregierung

Khaled Davrisch, Repräsentant der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien in Deutschland, reagierte alarmiert. „Wenn Islamisten hunderte Zivilist:innen entführen und tausende an der Flucht hindern, erinnert mich das an das Massaker des IS in Şengal.“ Davrisch erwartet von der Bundesregierung, dass diese klar „zu diesem Kriegsverbrechen“ Stellung bezieht und sich auf diplomatischem Weg dafür einsetzt, „dass die Zivilbevölkerung unverzüglich freigelassen wird und die verantwortlichen Islamisten vor Gericht gestellt werden“.

Dschihadisten-Offensiven in Nordsyrien

Die Terrororganisation Hayat Tahrir al-Sham (HTS) hatte vergangene Woche Aleppo überrannt und weite Teile der nordsyrischen Großstadt besetzt. Lediglich Şêxmeqsûd (Scheich Maksud) und Eşrefiyê (Ashrafia) konnten nicht von den Dschihadisten besetzt werden – entgegen der Armee von Präsident Baschar al-Assad, die sich fluchtartig aus Aleppo zurückgezogen hatte, leisten die an die AANES angebundenen kurdischen Stadtviertel heftige Gegenwehr.

Selbstverwaltung fordert Unterstützung ein

Etwa zeitgleich zur Aleppo-Offensive von HTS startete die türkische Proxy-Truppe SNA eine eigene Offensive auf die weiter nördlich von Aleppo gelegene Stadt Tel Rifat (Tall Rifaat), die als Hauptstadt des Kantons Efrîn-Şehba galt. Um ein Massaker an der dortigen Bevölkerung abzuwenden, fasste der Volksrat notgedrungen den Entschluss, sich aus der Region zurückzuziehen. Rund 200.000 Bewohner:innen Tel Rifats und umliegender Gemeinden wurden daraufhin auf eine Evakuierung in die Autonomiegebiete Nord- und Ostsyriens vorbereitet. Auch die Bevölkerung aus nahegelegenen Orten außerhalb der Autonomiezone, darunter die schiitischen Städte Nubl und Zahra, sollen über den von den QSD errichteten Fluchtkorridor evakuiert werden. Die Selbstverwaltung hat an die internationale Gemeinschaft appelliert, sie bei der Versorgung der Vertriebenen zu unterstützen.

Titelfoto: Aus Şehba vertriebene Menschen in einem Auffanglager in Raqqa © ANF

 

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