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IS-Paar wegen Versklavung ezidischer Mädchen verhaftet

 an der ezidischen Gemeinschaft verhaftet worden. Den Beschuldigten werden unfassbare Gräueltaten an ezidischen Kindern vorgeworfen.

Genozid und Femizid an der ezidischen Gemeinschaft

Die Bundesanwaltschaft hat am Dienstag aufgrund von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 19. März 2024 die irakischen Staatsangehörigen Twana H. S. und Asia R. A. in Regensburg und im Landkreis Roth durch Beamt:innen des Bundeskriminalamts festnehmen lassen. Wie die Bundesanwaltschaft mitteilt, sind die Beschuldigten des Völkermordes, des Verbrechens gegen die Menschlichkeit sowie des Kriegsverbrechens gegen Personen nach Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) dringend verdächtig. In diesem Zusammenhang wird ihnen auch die Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) nach §§129a/b StGB vorgeworfen. Beide befinden sich in Untersuchungshaft.

Laut der Mitteilung der Bundesanwaltschaft wird den Beschuldigten in den Haftbefehlen folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Twana H. S. und Asia R. A. waren nach islamischem Recht verheiratet und gehörten zwischen Oktober 2015 bis Dezember 2017 im Irak sowie in Syrien der ausländischen terroristischen Vereinigung ,Islamischer Staat' (IS) als Mitglieder an. Sie hielten sich spätestens seit Ende 2015 ein damals fünfjähriges sowie ab Oktober 2017 ein weiteres, damals zwölfjähriges jesidisches Mädchen als Sklavinnen. Twana H. S. vergewaltigte beide Kinder mehrfach. Asia R. A. richtete dafür das Zimmer her und schminkte eines der Mädchen. Zudem beuteten die Beschuldigten die Sklavinnen wirtschaftlich aus, indem sie diese unentwegt zur Hausarbeit und Kinderbetreuung heranzogen. Die Ausübung ihrer eigenen Religion war den Mädchen untersagt; stattdessen mussten sie nach den Vorgaben der Beschuldigten islamische Gebete und Glaubensregeln befolgen. Auf vermeintliche Verfehlungen der Kinder reagierten die Beschuldigten mit harscher körperlicher Gewalt. Bei einer Gelegenheit schlug Twana H. S. das ältere Mädchen mit einem Besenstiel. Asia R. A. verbrühte die Hand des jüngeren Mädchens mit heißem Wasser und zwang beide Kinder wiederholt zur Bestrafung, für jeweils eine halbe Stunde auf einem Bein zu stehen. Vor ihrer Ausreise aus Syrien im November 2017 reichten die Beschuldigten die Mädchen an andere IS-Mitglieder weiter. Dies alles diente dem erklärten Ziel des IS, den jesidischen Glauben zu vernichten.“

Am 3. August 2014 überfiel der IS die Şengal-Region im Irak mit dem Ziel, eine der ältesten Religionsgemeinschaften auszulöschen: Die Ezidinnen und Eziden. Durch systematische Massakrierung, Vergewaltigung, Folterung, Vertreibung, Versklavung von Mädchen und Frauen und der Zwangsrekrutierung von Jungen als Kindersoldaten erlebte die ezidische Gemeinschaft den 74. Völkermord in ihrer Geschichte. Etwa 10.000 Menschen fielen jüngeren Schätzungen nach Massakern zum Opfer, mehr als 400.000 weitere wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Über 7.000 Frauen und Kinder wurden verschleppt, bis heute werden 2.500 von ihnen vermisst. Daher stellt dieser Genozid in seiner Form zugleich auch einen Femizid dar.


Der IS hat 2014 einen Genozid und Femizid an der ezidischen Gemeinschaft in Şengal begangen, das Massaker wurde vom Bundestag im Januar 2023 als Völkermord anerkannt. In der verabschiedeten Resolution forderte der Bundestag die Bundesregierung auf, die bestehenden internationalen und nationalen Strukturen zur politischen und juristischen Aufarbeitung des Völkermordes zu fördern und die juristische Verfolgung von IS-Täter:innen in Deutschland konsequent durchzuführen und auszubauen.

Der erste Völkermordprozess gegen ein IS-Mitglied in Deutschland fand 2021 vor dem OLG Frankfurt statt und endete mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Der Iraker Taha Al-Jumailly hatte ein fünfjähriges ezidisches Mädchen und dessen Mutter als Sklavinnen gekauft und so schwer misshandelt, dass das Kind bei einer Strafaktion in der Sonne angekettet verdurstete. Seine Mittäterin Jennifer W. wurde 2023 im Revisionsverfahren zu 14 Jahren Haft verurteilt.

Der Fall Taha Al-Jumailly war aus drei Gründen bedeutsam. Zum einen handelte es sich um das weltweit erste Verfahren zum Völkermord an der ezidischen Gemeinschaft. Durch das Frankfurter Urteil erkannte die deutsche Justiz die IS-Verbrechen generell als Genozid an. Zum anderen fand der Prozess auf Grundlage des Weltrechtsprinzips statt. Weder Opfer noch der Verurteilte besitzen bzw. besaßen die deutsche Staatsbürgerschaft und auch die Taten wurden nicht in Deutschland begangen. Anders als in anderen IS-Verfahren hielt sich Al-Jumailly auch nicht im Bundesgebiet auf, sondern wurde in Griechenland verhaftet und dann nach Deutschland ausgeliefert. Auf Grundlage des Frankfurter Urteils gegen Al-Jumailly erkannte beispielsweise auch Großbritannien den IS-Überfall auf Şengal als Genozid an.

Die Mutter des Kindes überlebte und nahm als Nebenklägerin an beiden Verfahren teil. „Die Verfahren werden auch ermöglicht, weil mutige Frauen bereit sind, über die schlimmsten Verbrechen, die ihnen angetan wurden, offen zu berichten und damit enorme Gefahren einzugehen“, heißt es in dem Beschluss des Bundestags. Auch im Prozess gegen die IS-Rückkehrerin Jalda A., die 2022 in Hamburg wegen Beihilfe zum Völkermord zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, schilderte eine Ezidin ihre erlittene Tortur. Im Juni 2023 wurde Nadine K. in Koblenz wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Beihilfe zum Völkermord im Zusammenhang mit der Versklavung einer Ezidin zu neun Jahren und drei Monaten Haftstrafe verurteilt. Die wiederholt vergewaltigte Ezidin lebt inzwischen wieder bei ihrer Familie in Şengal. Bei dem Prozess vor dem Staatsschutzsenat des OLG Koblenz trat sie als Nebenklägerin und Schlüsselzeugin auf.


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