Abahlali baseMjondolo (Südafrika) fordert Freiheit für den „Genossen“ Abdullah Öcalan
Abahlali baseMjondolo ist die größte soziale Bewegung Südafrikas. Auf ihrer Generalversammlung forderte sie Freiheit für „den Genossen Abdullah Öcalan" ein.
Dass sich längst nicht mehr nur Kurdinnen und Kurden und andere Gemeinschaften in der Nahostregion mit den Ideen Abdullah Öcalans und dem Paradigma der kurdischen Bewegung identifizieren, ist hinlänglich bekannt. Dass die Vision einer emanzipatorischen und multiethnischen Gesellschaft ohne Staat, mit Basisdemokratie und Rätestruktur, Frauenbefreiung auf allen Ebenen und einer gerechten Ökologie auch in Südafrika geschätzt wird, eher weniger. Besonders geschätzt in dem Land an der Südspitze des afrikanischen Kontinents wird der kurdische Ideengeber, der 1978 die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) begründete und seit 1999 politische Geisel des türkischen Staates ist, von „Abahlali baseMjondolo“ (Zulu für „die, die in den Hütten leben“).
Bei Abahlali baseMjondolo handelt es sich um die größte soziale Bewegung Südafrikas. Sie zählt aktuell etwa 120.000 Mitglieder und setzt sich für die Verbesserung der Lebensbedingungen von historisch benachteiligten Gruppen und für eine radikale Demokratisierung der Gesellschaft von unten ein. Sie kämpft gegen Zwangsräumungen und für das Bleiberecht derjenigen, die in selbstorganisierten Siedlungen leben, sowie einen fairen Zugang zu staatlich gefördertem Wohnraum für alle, die unter schlechten Wohnverhältnissen leiden. Dafür sieht sich die Bewegung von ständiger und manchmal gewaltsamer Unterdrückung, einschließlich Mord, bedroht. Mindestens 24 ihrer Mitglieder sind seit 2009 getötet worden – allein drei Menschen im Jahr 2022. Die Morde sind bis heute straflos geblieben.
Am Wochenende fand nun die Generalversammlung der Bewegung der
Hüttenbewohner:innen statt. Ein zentraler Punkt auf der Agenda war die
internationale Kampagne für die Freiheit von Abdullah Öcalan und eine
politische Lösung der kurdischen Frage. S'bu Zikode, Präsident der
Abahlali baseMjondolo, bekräftigte die Unterstützung seiner Bewegung für
die Initiative. „So wie Nelson Mandela für uns ein Revolutionär der
Freiheit wegen war, ist es auch Genosse Öcalan“, sagte Zikode. Es wurde
die Parole „Bijî Serok Apo“ (Es lebe der Vorsitzende Apo) skandiert und
mit einer Schweigeminute Sara Hogir und Bişeng Brûsk
gedacht. Die beiden Kurdinnen gehörten dem Jugendkomitee der PKK an,
das kürzlich ihren Tod durch einen türkischen Luftangriff in
Südkurdistan bekannt gegeben hatte. Mitglieder der Abahlali Youth
League, die sich an der Generalversammlung beteiligten, trugen Bilder
mit den Konterfeis von Sara Hogir und Bişeng Brûsk.
Das in Europa ansässige kurdische Jugendzentrum für
Öffentlichkeitsarbeit Ronahî war ebenfalls auf dem Treffen der Abahlali
baseMjondolo vertreten. In einem Statement wurde die Notwendigkeit
betont, weitere Brücken zu bauen und Kämpfe zu verbinden, um den
internationalistischen Widerstand junger Menschen und die
Solidaritätsarbeit zu stärken und zu vernetzen. Ronahî steht schon
länger im Austausch mit der Jugendliga der südafrikanischen
Hüttenbewohner:innen. Diese hatte im Vorfeld der Generalversammlung eine
Erklärung veröffentlicht, in der unter anderem die südafrikanische
Regierung aufgefordert wird, dem kurdischen Befreiungskampf die gleiche
Solidarität zukommen zu lassen, wie sie es für die palästinensische
Sache getan habe. ANF veröffentlicht im Folgenden die Mitteilung:
Wir stehen in Solidarität mit der kurdischen Freiheitsbewegung
Abahlali verfolgt den Kampf für die Befreiung des kurdischen Volkes nun schon seit vielen Jahren. Vor rund 15 Jahren wurde unser damaliger Präsident von unseren internationalen Genossinnen und Genossen in die Türkei eingeladen und hielt eine Rede an der Universität von Ankara und auf anderen Plattformen. Damals wurde er gebeten, über die Erfahrungen Südafrikas mit der Wahrheits- und Versöhnungskommission (TRC) zu berichten. Zodwa Nsibande besuchte auch Freunde in der Türkei.
Die Abahlali Youth League hatte vor kurzem die Gelegenheit, einen Austausch mit dem Ronahî Youth Center for Public Relations durchzuführen. Dieser Austausch erfolgte im Anschluss an eine Konferenz radikaler Jugendlicher aus der ganzen Welt. Bei diesem Treffen wurde vereinbart, dass der Austausch zur Förderung des gegenseitigen Lernens und der internationalen Solidarität der Schlüssel zum Aufbau der Macht junger Menschen in unseren Bewegungen ist.
Die Abahlali Youth League freut sich über den Besuch unserer jungen Genossinnen und Genossen vom Ronahî Youth Center for Public Relations, die die letzten zwei Wochen damit verbracht haben, sich über den Kampf unserer Bewegung für Land, angemessenes Wohnen und Würde zu informieren. Sie hatten Gelegenheit zu erfahren, wie Abahlali organisiert ist, und sie haben an verschiedenen politischen Programmen in Abahlali-Gemeinschaften teilgenommen. Wir hatten die Gelegenheit, von den Genossinnen und Genossen etwas über den Befreiungskampf des kurdischen Volkes zu erfahren. Ihr Vortrag hat viele von uns mit Tränen, Schrecken und Wut zurückgelassen. Wir haben erkannt, wie auch in anderen Ecken der Welt Kolonialismus und Imperialismus funktionieren und sich gegen das Streben nach Freiheit stellen. Und wir haben festgestellt, dass wir auch weiterhin in der Kolonialzeit leben, selbst wenn wir denken, dass der Kolonialismus der Vergangenheit angehört.
Die Freundinnen und Freunde haben uns auch darüber aufgeklärt, wie der Genosse Abdullah Öcalan vor 25 Jahren entführt und eingekerkert wurde. Genosse Öcalan ist Vorsitzender der kurdischen Freiheitsbewegung und der Gründer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Wegen seines Kampfes für die Selbstbestimmung und die Rechte des unterdrückten Volkes von Kurdistan wird Genosse Öcalan seit mehr als 25 Jahren auf einer Insel in Einzelhaft gehalten, wobei es in den letzten drei Jahren keine Kommunikation mit der Außenwelt und kein Lebenszeichen aus dem Gefängnis gab. Entgegen allen internationalen Konventionen wird nicht einmal seinen Anwälten der Zugang zu der Insel gewährt. Niemand darf diesen politischen Gefangenen sehen.
Wir wenden uns auch entschieden gegen die Ermordung der Pionierinnen der PKK-Jugend Bişeng Brûsk und Sara Hogir, die durch türkische Luftangriffe ums Leben gekommen sind und deren Tod am 26. Februar 2024 bestätigt wurde. Wir betrachten diese Angriffe sowie die Isolierung von Abdullah Öcalan als einen Versuch eines repressiven Systems, die Stimmen der Freiheit zum Schweigen zu bringen. Überall auf der Welt werden Freiheitskämpfe von Kapitalismus, Imperialismus und korrupten und autoritären Eliten unterdrückt, von denen sich viele hinter der Maske des Nationalismus verstecken. Alle, die sich irgendwo auf der Welt für die Freiheit einsetzt, sind unsere Freundinnen und Weggefährten.
Der Schrecken der Unterdrückung des kurdischen Kampfes erinnert uns daran, wie das Apartheidsystem Nelson Mandela 27 Jahre lang inhaftiert hat. Es erinnert uns daran, wie führende Mitglieder unserer Bewegung ermordet wurden. Wir können einfach nicht verstehen, wie die Welt so still sein kann, wenn die Menschheit von bewaffneten Kräften vergewaltigt wird, weil sie für Demokratie und das Recht auf Selbstbestimmung eintritt.
Heute bekunden wir unsere tief empfundene Solidarität mit dem gesamten kurdischen Volk in seinem Kampf gegen die Unterdrückung. So wie wir uns mit dem Freiheitskampf in Haiti, Palästina, der Demokratischen Republik Kongo und anderswo solidarisch zeigen, so sind wir auch mit dem kurdischen Volk in seinem Kampf für Frieden und Freiheit solidarisch.
Wir stehen auf und fordern die sofortige und bedingungslose Freilassung des Genossen Abdullah Öcalan!
Wir fordern Gerechtigkeit für Bişeng Brûsk und Sara Hogir sowie für alle anderen ermordeten und ermordeten Genoss:innen der kurdischen Bewegung. Die Täter müssen vor Gericht gestellt werden!
Wir rufen alle fortschrittlichen Kräfte und die südafrikanische Regierung auf, dem kurdischen Kampf die gleiche Solidarität zukommen zu lassen, wie sie es für die palästinensische Sache getan haben.
Die Stimmen aller Gefallener im Kampf um die Humanisierung der Welt werden immer ihr Licht auf den Aufstand der bewussten jungen Menschen in der ganzen Welt werfen. Ihr Einsatz im Kampf für die Befreiung des kurdischen Volkes wird immer weiterleben.“
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