Alternativer Ostermarsch in Berlin

„Frieden schaffen ohne Waffen!“, so hatte die Friedensbewegung dieses Jahr zu den Ostermärschen geladen. Angesichts der russischen Aggression gegenüber der Ukraine würde dieser Slogan die Ukrainer*innen zwingen, in einer fremdbestimmten Autokratie zu leben. Weil wir es zynisch finden, wenn die Betroffenen nicht selbst mitreden können, haben wir einen alternativen Ostermarsch organisiert, der nicht nur Zulauf erhielt, sondern auch für viel medialen Wirbel sorgte.

So viel wie in diesem Jahr ist wohl lange nicht über die Ostermärsche diskutiert worden. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine polarisiert: Auf der einen Seite steht die Friedensbewegung, die gegen Waffenlieferungen protestiert. Auf der anderen Seite steht die Forderung auf das Recht auf Verteidigung, insbesondere unterstützt von Menschen mit Kriegs- und Diktaturerfahrung. Entsprechend hoch schlugen die (medialen) Wellen, als wir mit ukrainischen Aktivist*innen den alternativen Ostermarsch angemeldet haben. Ob Spiegel, Zeit, Süddeutsche, Tagesschau oder FAZ – das mediale Echo war groß und hat eine Debatte über die Bedeutung(slosigkeit) der Friedensbewegung losgetreten.

So titelte die taz: „Frieden schaffen, auch mit Waffen“ und sieht die Friedensbewegung vor einer Zerreißprobe. Im Artikel wird unser Geschäftsführer Ferdinand Dürr zitiert: „Radikaler Pazifismus ist nicht unbedingt friedensförderlich. Das haben wir schon in Syrien gesehen. Wir beziehen uns nicht positiv auf Waffenlieferungen, schließen sie aber auch nicht aus“, sagte er auf die Frage, ob auf ihrem Ostermarsch auch zu Waffenlieferungen in die Ukraine aufgerufen würde. „So können unterschiedliche Gruppen im Demobündnis Unterschiedliches fordern.“ Gemeinsame Position sei es, der Zivilbevölkerung zuzuhören. Sie seien diejenigen, die beschossen werden und ihre Häuser verlieren. „Wenn sie einen militärischen Arm zur Verteidigung fordern, ist das legitim“, sagte Dürr.

Der Spiegel fragt sich in seinem Artikel „Ich bin besorgt, dass wir eine Atombombe auf den Kopf bekommen“, ob der der komplette Verzicht auf Waffen noch zeitgemäß ist. „Der alternative Ostermarsch zeigt: Die Nachfrage nach einer differenzierten Auseinandersetzung mit dem Thema Frieden besteht. Bedeutet Frieden ein möglichst schnelles Ende des bewaffneten Konflikts? Oder liegt langfristiger Frieden in Gerechtigkeit und Selbstbestimmung?“

Auch die Welt erkennt „das Dilemma der Ostermärsche“ und lässt in ihrem Videobeitrag Teilnehmende beider Ostermärsche zu Wort kommen. Darin kritisiert Ferdinand Dürr, dass Pazifismus angesichts der Aggressionen von einem autokratischem oder diktatorischem Regime ja eindeutig dazu führen muss, dass Menschen ihre Freiheit verlieren und es keine Chance auf Gerechtigkeit gibt – nur um den Frieden zu wahren.

In dem Artikel „Ich sitze auch nicht in einem Keller der Ukraine“ der Süddeutschen Zeitung ist das Dilemma der Friedensbewegung sehr schön dokumentiert und lässt sich exemplarisch an dem Statement einer Teilnehmerin des traditionellen Ostermarsches darstellen: „Sie warnt, wie viele an diesem Tag, vor einer militärischen Eskalation, die nicht mehr beherrschbar ist. Sie hadert dabei auch mit sich selbst, fühlt sich angesichts der blutigen Bilder aus der Ukraine hilflos. „Mich frustriert zutiefst, dass mir so wenig einfällt”, sagt sie. Doch immer neue Waffenlieferungen, davon ist sie überzeugt, würden den Krieg nicht stoppen. “Ich sitze aber auch nicht in einem Keller in der Ukraine”, sagt sie. “Dann würde ich auch anders reden.““

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