„Der türkische Staat will die Krise durch Angriffe überwinden“
Der Presseverantwortliche der QSD, Ferhat Şami, sieht die Ursachen für die türkische Aggression nach außen in der inneren Krise des AKP/MHP-Regimes begründet.
Der türkische Staat führt eine vom Krieg beherrschte expansionistische Außenpolitik. Die außenpolitische Aggression der AKP/MHP-Regierung erstreckt sich von den Invasionen in Nordsyrien, Rojava und Südkurdistan, den Kriegen gegen Armenien und in Libyen bis hin zur Unterstützung der Taliban in Afghanistan. Im ANF-Interview äußert sich der Pressesprecher der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), Ferhad Şami, zu den Entwicklungen in der Region und den türkischen Ambitionen.
Die Angriffe seit der Besetzung von Girê Spî und Serêkaniyê reißen nicht ab. Manchmal eskalieren sie und manchmal gehen sie fast als Tagesroutine weiter. Wie sieht die Situation in der Region aus?
Wenn wir uns die allgemeine Situation in der Region ansehen, scheint es, als ob eine neue Phase des Angriffs begonnen hätte. Es wäre jedoch unvollständig, diese Phase isoliert von früheren, ähnlichen Phasen zu betrachten. Seit 2011 ist die Region ständigen Angriffen ausgesetzt. Obwohl es einige Veränderungen in der Art und Weise der Angriffe gegeben hat, haben sich die Ziele dieser Angriffe nicht geändert. Die Invasionstruppen im Nordosten Syriens hatten immer nur ein Ziel. Es geht ihnen darum, den Willen des Volkes zu brechen und das Gebiet zu besetzen. Im Jahr 2012 zogen Jabhat al-Nusra, die sogenannte Freie Syrische Armee und mehrere andere Söldnergruppen aus Damaskus und anderen Gebieten ab und richteten sich im Namen des Kampfes gegen die syrische Regierung in Damaskus gegen die kurdischen Gebiete. Natürlich haben wir dank der YPG und YPJ unsere Regionen gegen diese Söldner verteidigt und sogar unsere Grenzen erweitert. Wir gingen aus diesem Prozess erfolgreich hervor.
Widerstand von Kobanê war Zäsur
Mit dem Auftauchen des „Islamischen Staat“ (IS) begann eine neue Phase. Diese Phase unterschied sich von früheren. In den Jahren 2011 bis 2012 unterstützte der türkische Staat offen Jabhat al-Nusra und andere Söldnergruppen unter dem Namen der sogenannten FSA. Der türkische Staat konnte sich auch nicht gegen den IS stellen. So unterstützte er den IS manchmal heimlich, manchmal ganz offen. Sei es, wenn es um finanzielle Mittel ging, oder wenn es um Ausbildung oder das Passieren der Grenze ging. Er ließ den IS unsere Region angreifen. Dies erreichte seinen Höhepunkt beim Angriff auf Kobanê im Jahr 2014. Es gab jedoch einen historischen Widerstand in Kobanê. Dieser Widerstand wurde nicht nur durch die Menschen in Rojava erreicht, sondern auch durch den Widerstand vieler internationalistischer junger Menschen aus Europa und allen vier Teilen Kurdistans.
Nach Kobanê begann eine neue Phase, sowohl für uns als auch für die Besatzer. Der türkische Staat hatte erkannt, dass er nicht in der Lage sein würde, den Willen des Volkes mit seinen Söldnern und Dschihadisten zu brechen. Wir hatten nun verstanden, dass wir den ganzen Weg bis zu den Wurzeln des IS folgen und ihn vernichten müssten. Auf diese Weise wurde dieser Prozess mit der Offensive von Shedade über Raqqa und Minbic bis nach al-Bagouz fortgesetzt. Dadurch erkannte der türkische Staat, dass er durch seine Söldner nichts mehr erreichen konnte. Der IS hatte große Erfolge gegen Staaten wie Syrien oder den Irak erzielt und es geschafft, einen großen Teil Syriens zu besetzen. Er wurde jedoch von unseren Kräften gebrochen und diese Tatsache hat der türkische Staat gesehen. Deshalb begann er nun selbst, direkt zu intervenieren.
Die internationalen Mächte erlauben die türkische Besatzung
Der türkische Staat besetzte ein Gebiet von Cerablus bis Azaz, von Bab bis Efrîn. Er wusste sehr genau, dass er für die Verinnerlichung der Besatzung Syriens und der Realisierung seiner hundertjährigen Pläne in der Region zuerst das freie Denken und das revolutionäre Verständnis zerstören musste. Also weitete er seine Angriffe auf unsere Gebiete aus. Natürlich ist diese Situation eine Schande für die internationale Gemeinschaft. Es ist bekannt, dass der türkische Staat ohne die Erlaubnis der internationalen Mächte keinen einzigen Schritt in unseren Gebieten machen könnte. Nicht nur in Syrien, sondern auch in Libyen, Afghanistan und dem gesamten Mittleren und Nahen Osten hat der türkische Staat weder die Macht noch den Mut zu agieren, wenn er von den internationalen Mächten kein grünes Licht bekommt.
Die Angriffe auf Serêkaniyê und Girê Spî im Jahr 2019 waren das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen Erdoğan und Trump. Auch gab es in diesem Rahmen einige Vereinbarungen zwischen Erdoğan und Putin. Einige Kräfte im Mittleren Osten haben versucht, zu ihrem eigenen Vorteil Druck auf uns auszuüben. Infolgedessen wurden unsere Gebiete besetzt. Solange auch nur ein einziges unserer Gebiete besetzt ist, ist dies für uns ein Grund zu kämpfen und Widerstand zu leisten. Die Besatzung von Serêkaniyê und Girê Spî dauert seit etwa zwei Jahren an. Der türkische Staat steckt in letzter Zeit in einer tiefen Krise. Er ist nicht nur innenpolitisch, sondern auch in der internationalen Politik in der Klemme.
Deshalb sucht der türkische Staat dringend den Erfolg. Bei der Bewertung der Angriffe auf unser Volk und unsere Region ist es jedoch notwendig, sie im Rahmen eines allgemeinen Konzepts zu betrachten. Es geht nicht nur um eine 32 Kilometer lange Grenzlinie. Dieses Konzept richtet sich nicht nur gegen das kurdische Volk, sondern auch gegen das arabische, assyrische, tscherkessische und alle Völker des Nahen Ostens. Ein Beispiel ist das Massaker an den ezidischen Kurd:innen im Jahr 2014.
Die Besatzung unserer Gebiete ist für uns ein Grund zum kämpfen
Die Invasion von Serêkaniyê durch den türkischen Staat lief nicht so wie geplant. Ja, der türkische Staat ist hier einmarschiert, aber er hat nicht alles bekommen, was er wollte. In diesem Sinne war dies nicht der Endpunkt für den türkischen Staat, sondern ein Ausgangspunkt. Das gilt auch für uns. Diese Situation ist für den türkischen Staat schwierig. Das sind die Ursachen für die jüngsten Angriffe auf unsere Regionen. Wenn wir von unseren Regionen sprechen, reden wir auch über Efrîn und Şehba. Der türkische Staat hat in Şehba grausame Angriffe auf Flüchtlinge aus Efrîn verübt. Zivilist:innen wurden bei diesen Angriffen getötet, und viele öffentliche Grundstücke und und Häuser wurden beschädigt. Der Hauptzweck des türkischen Staates ist es, Instabilität in der Region zu schaffen und die Menschen weiter zu vertreiben. Die Bevölkerung dort ist von vielen terroristischen Kräften umgeben und täglich den Angriffen des türkischen Staates ausgesetzt.
„Unklar, wann der türkische Staat zur Bodenoffensive übergehen wird“
Auch auf der Linie von Bab bis Minbic gibt es Angriffe. Sie sollen Chaos und Konflikte in der Bevölkerung erzeugen. Das ist auch eines der Konzepte. Als das nicht funktionierte, wurde ein militärischer Angriff beschlossen. Nach dieser Entscheidung gab es Angriffe von Minbic bis Serêkaniyê, Girê Spî und sogar bis Qamişlo. Es gibt jetzt einen offenen Krieg in der Region. Es ist unklar, wann der türkische Staat zum Bodenangriff übergehen wird. Trotz der Angriffe herrscht ein Zustand der Stabilität in der Region. Die Angriffe werden meist aus der Luft und mit schweren Waffen durchgeführt. Vorerst hat der türkische Staat nicht die Kraft, eine Bodenoffensive zu starten.
Diese Angriffe haben den letzten Tagen einen Höchststand erreicht und vielen Zivilist:innen Schaden zugefügt oder ihnen sogar das Leben gekostet. Fast 80 Häuser sind unbewohnbar geworden. Dutzende öffentliche Bereiche und Gärten wurden beschädigt. Vielerorts wird versucht, die Menschen in die Flucht zu treiben. Diese Angriffe gehen immer noch weiter. Und es gibt keine Garantie, dass der türkische Staat diese Angriffe stoppen wird. Obwohl die internationalen Mächte sagen, dass sie sich darauf konzentrieren werden, die Angriffe zu stoppen, gibt es dafür keine Garantie.
Was bezweckt der türkische Staat mit diesen Angriffen?
Natürlich gibt es viele Gründe für diese Angriffe. Der erste dieser Gründe liegt wie gesagt in den internen Problemen des türkischen Staates. Ein weiterer Grund ist die Situation in Syrien und hinzu kommt die Situation der internationalen Mächte und der Kräfteverhältnisse im Nahen und Mittleren Osten. Abhängig von diesen drei Gründen versucht der türkische Staat, die Situation zu seinem Vorteil zu nutzen. Er versucht dies, indem er sich an Russland wendet. Jeder weiß, dass der türkische Staat versucht hat, mit einigen Staaten Allianzen zu bilden. Tatsächlich handelt es sich aber um keine Allianzen, sondern um kurzfristige Abkommen. Der türkische Staat befindet sich jedoch nicht aufgrund irgendwelcher festgeschriebenen Abkommen auf syrischem Territorium. Das ist das Ergebnis einiger Interimsabkommen. Es sind keine schriftlichen oder mündlichen Allianzen, sondern Vereinbarungen. Sie sind vorübergehend. Bei vielen Gelegenheiten hat Russland dies dem türkischen Staat auch deutlich gesagt.
„Türkischer Staat befindet sich in schwerer Krise“
Der türkische Staat versucht, sich auch zu den USA hin auszurichten. Soweit wir das beurteilen können, befindet er sich in einer schweren internen Krise. Statistiken auf der ganzen Welt zeigen, dass die Zukunft des türkischen Staates nicht sehr rosig aussieht. Jeden Tag gibt es Verhaftungen und Morde. Söldnergruppen haben sich dort versammelt. Es gibt internationale Berichte darüber, die zeigen, dass sich viele dschihadistische Gruppen innerhalb des türkischen Staates organisieren. Der türkische Staat wollte mit seinem Krieg in Südkurdistan an Einfluss gewinnen und damit die Chauvinisten befriedigen. Auf diese Weise wollte er die internen Probleme erleichtern oder zumindest verdecken. Wenn wir uns jedoch die Situation heute ansehen, hat der Krieg in Südkurdistan keines der Ergebnisse gebracht, die der türkische Staat erwartete. Im Gegenteil, jeder fragt: Du kämpfst so hart, was ist denn das Ergebnis?
„Kosten des Krieges sind gewaltig“
Die Kosten des Krieges sind gewaltig. Der türkische Staat opfert für diesen Krieg einen großen Teil seiner wirtschaftlichen Mittel, denn die Taktik des Krieges hat sich geändert. Die kurdische Freiheitsbewegung hat ihre eigene Kriegstaktik entwickelt, und unsere Kampftaktik im Nordosten Syriens hat sich ebenfalls geändert. Das erhöht die Kriegskosten dramatisch. Ja, es gibt Unterstützung auf NATO-Ebene, weil der türkische Staat ein Mitglied der NATO ist. Er erhält jedoch keine Unterstützung in dem früheren Ausmaß von den internationalen Mächten. Auf dieser Liste stehen die USA ganz vorne. Die USA unterstützen den türkischen Staat politisch und an einigen anderen Punkten, aber es gibt keine so ernsthafte Unterstützung für den türkischen Staat in Bezug auf die Kriegskosten. Der türkische Staat greift rund um die Uhr aus der Luft an, das verschlingt Unsummen. Dennoch erreicht er nicht das gewünschte Ziel. Dies veranlasst den türkischen Staat, nicht nur Şengal und Nordostsyrien anzugreifen, sondern die gesamte Region. Der türkische Staat hatte diese Gebiete immer als Karte sowohl gegen die Chauvinisten in seinen eigenen Reihen als auch gegen die internationalen Mächte genutzt. Da ihm diese Karten weggenommen wurden, versucht er diesmal, in Şengal und Nordostsyrien erfolgreich zu sein.
„Je länger der Krieg dauert, desto mehr gerät der türkische Staat unter Druck“
Die Angriffe richteten sich meist gegen Zivilist:innen. Wenn man darauf achtet, versuchen die türkische Staatsmedien, jeden Angriff aufzublasen, und kauen ihn tagelang wider. So versucht der Staat, sein eigenes Publikum zu überzeugen. Wenn ein einziger unserer Kämpfer fällt, wird tagelang davon berichtet. Es werden jeden Tag Fake-News verbreiten, wie viele QSD- oder YPG-Kämpfer:innen getötet worden sind.
„Es gibt keine legitime Begründung für die Besatzung“
Es gibt keinen einzigen Grund, warum der türkische Staat in diesen Gebieten bleiben sollte. Je weiter der Krieg in der Region fortschreitet, desto tiefer steckt der türkische Staat in der Krise. Denn die syrische Regierung in Damaskus hat ihre eigenen Pläne für die besetzten Gebiete. Das gilt für Idlib, den Norden von Aleppo und auch für die Linie zwischen Azaz und al-Bab. Der türkische Staat ist ohnehin nur unter dem Vorwand des IS, der ihm die Gebiete dann übergeben hat, einmarschiert und auf der Grundlage eines Interimsabkommens mit Russland weiterhin in der Region präsent. Dieses Abkommen war befristet, es sollte höchstens ein oder zwei Jahre dauern. Nach unseren Informationen fordert Russland einige Gebiete vom türkischen Staat ein. Sie wollen Cebel Azzawi, Eriha und Idlib-Kinserfe. Sie wollen Südhelbin, die Bab-Linie und die Idlib-Linie. Denn die russische Regierung will diese Gebiete einnehmen und die internationalen Straßen M4 und M5 kontrollieren.
Die russische Regierung sagt, sie habe keinen Deal mit dem türkischen Staat gemacht. Es habe eine Vereinbarung in Bezug auf den IS gegeben, aber die sei nicht mehr gültig. Russland hat in den letzten ein oder zwei Jahren den türkischen Staat immer wieder aufgefordert, sich aus den Gebieten zurückzuziehen. Der türkische Staat verschiebt dies ständig. Auf diese Weise will er unsere Gebiete angreifen und Druck auf Russland ausüben. Er will einen Handel: Wenn Russland diese Gebiete bekommen soll, dann will die Türkei Til Temir und Ain Issa haben. Auf diese Weise will der türkische Staat sein Abkommen mit Russland erneuern und einen Schritt weiterkommen. Das ist der Grund, der in Syrien liegt. Ein weiterer Grund ist die Situation der Söldner. Nach unseren Informationen befinden sich die Söldner in einer tiefen Krise, sowohl mental und politisch als auch wirtschaftlich. Sie haben keinen politischen Status bekommen. Sie haben nur Migrantenstatus. Sie wollten zurück in ihre Heimatorte wie Damaskus und Dara gehen, aber das geschah nicht. Sie waren die Opfer der Verhandlungen zwischen dem türkischen Staat und Russland. Dies führte zu einem inneren Krieg unter den Söldnertruppen des türkischen Staates. Sie versuchen, sich gegenseitig die Städte wegzunehmen.
„Zivilist:innen werden im Schlaf ermordet“
In Efrîn versuchen Furqat al-Hamzat, die Sultan-Murad-Brigade und die Süleyman-Şah-Brigade, sich gegenseitig die Orte wegzunehmen. Für den türkischen Staat ist es egal, wer gewinnt. Wichtig ist, dass er herrscht. Der türkische Staat benutzt diese Söldner als Werkzeug. In Serêkaniyê haben Söldner an der Zirgan-Front ihre Waffen niedergelegt. Sie haben nämlich große Angst. Aus diesem Grund tauschte der türkische Staat sie aus und ersetzte sie durch Jabhat al-Nusra und Jaysh al-Islam. Die Angriffe auf unser Gebiet geschehen in der Regel am Abend. Jaysh al-Islam hatte dies zur Bedingung gemacht. Aus Angst vor unseren Kräften beschießen sie die Nacht über die Gebiete um sie herum mit Granaten. Außerdem geht es darum, die Krise bei den Söldnern zu verbergen und die Öffentlichkeit mit den Angriffen auf unser Gebiet zu beschäftigen.
Sie zielen darauf ab, Massaker an der Zivilbevölkerung durchzuführen. Es fällt auf, dass die meisten Zivilist:innen, die kürzlich getötet wurden, in ihren Häusern im Schlaf getötet wurden. Auf diese Weise wollen sie die Zivilbevölkerung einschüchtern und dazu bringen, gegen die QSD und die Selbstverwaltung zu protestieren.
„Bei jedem Schritt nach vorne greift die Türkei an“
Immer wenn die Selbstverwaltung einen Schritt nach vorne geht, geht die Türkei erneut zum Angriff über. Vor dem Efrîn-Krieg gab es einige Bemühungen von unserer Seite. Internationale Institutionen und Hilfsorganisationen wollten einige Dienstleistungen anbieten. Der türkische Staat griff an. Als der türkische Staat in Serêkaniyê und Girê Spî einmarschierte, waren wir gerade dabei, den IS vollständig zu besiegen. Das Ende des IS war nicht im Interesse des türkischen Staates. Ein wichtiger diplomatischer Schritt nach vorne war die Eröffnung von Einrichtungen der Selbstverwaltung in europäischen Staaten. Es wurde eine internationale Agenda geschaffen. Der türkische Staat sah dies als Herausforderung und griff erneut an. So versucht er, die Region zu destabilisieren. Denn wenn es Instabilität in der Region gibt, werden internationale Institutionen natürlich nicht kommen. Auch die Hilfsorganisationen kommen nicht. Deshalb führt die türkische Regierung solche Angriffe durch.
„Die Türkei will den IS neu beleben“
Der IS wird durch Krisen und Instabilität am Leben erhalten und neu belebt. Der türkische Staat versucht, diese Bedingungen herbeizuführen. Er versucht auch, die ökonomische Entwicklung der Region zu verhindern. Denn wenn es in der Region wirtschaftliche Entwicklung gibt, dann wird sich niemand hier dem IS anschließen. Auch hier gilt: Wenn es in einem Bereich zu Krisen und Chaos kommt, wird auch der IS davon profitieren. Aus diesem Grund will der türkische Staat Aufruhr und Chaos unter den Menschen in der Region stiften.
„Unser Vertrauen gilt unserer eigenen Kraft“
Unternehmen die Garantiemächte irgendetwas gegen die Angriffe?
Bisher haben die internationalen Mächte keine klare Antwort auf die Angriffe gegeben. Speziell für die Koalition möchte ich darauf hinweisen, dass unsere Beziehungen nach dem Kobanê-Widerstand entstanden sind. Nach dem epischen Widerstand in der Schlacht von Kobanê wollten uns die internationalen Mächte helfen. Dann entwickelte sich eine Beziehung durch den Krieg gegen den IS. Bis heute ging das so weiter. Das bringen sie immer wieder selbst zur Sprache. Unser Volk muss auf dieser Grundlage verstehen, was unsere Kräfte ohnehin begriffen haben. Unsere wahre Hoffnung und unser Vertrauen gelten unserer eigenen Kraft. Natürlich ist die Hilfe der Koalition wichtig, und wir haben gute Arbeit zusammen geleistet. Zumindest haben wir den IS gemeinsam besiegt. Aber sie unternehmen keine Schritte gegen den türkischen Staat. Sie gehen im Moment gegen die Schläferzellen des IS vor. Und natürlich wollen sie die Stabilität der Region gewährleisten, denn sie wissen auch, dass wenn es an einem Ort wie diesem keine Stabilität gibt, dann wird der IS neu aufleben. Das ist es, was wir ihnen immer wieder sagen.
Ja, der IS ist aktuell weiter aktiv hier. Aber es ist der türkische Staat, der uns rund um die Uhr angreift. Der türkische Staat nimmt unsere Kommandant:innen im Kampf gegen den IS ins Visier. Kürzlich hat er erneut Kriegsversehrte angegriffen. Wo haben diese Versehrten gekämpft? Natürlich kämpften sie im Krieg gegen den IS und wurden verwundet. Der türkische Staat kann nicht einmal sie ertragen. Ja, wir haben eine Vereinbarung mit der Koalition, aber die richtet sich nicht gegen den türkischen Staat. Jedes Mal, wenn von Angriffen des türkischen Staates die Rede ist, verweisen sie auf das Pentagon und die US-Regierung. Sie sagen selbst: ‚Wir sind nur hier, um gegen den IS zu kämpfen.‘ Aber gleichzeitig sagt die US-Regierung, dass Ahrar al-Sharqiya vom IS durchsetzt ist.
Der IS ist in Serêkaniyê
Einer der Schöpfer von Ahrar al-Sharqiya ist Abu Mayen Qehdani. Dieser Mann war zuvor der Kommandant von al-Nusra. Später schloss er sich dem IS an. Das haben wir ihnen gesagt. Ahrar al-Sharqiya ist in Serêkaniyê. Die Koalition ist in Siluk, dort ist ihr Hauptquartier. Ihre Leute reden, aber es passiert nichts. Ihre militärische Stellung in Hesekê ist nur zehn Kilometer von Til Temir entfernt. Als die türkische Regierung Til Temir beschoss, patrouillierten sie nur. Das gleiche gilt für Russland, auch wenn sich dies ein wenig ändert. Russland hat die QSD bisher als kleine Kraft betrachtet. Jetzt weiß Russland, dass sich ohne die QSD ganz Syrien in den Händen des IS befände. Deshalb will Russland jetzt einen Teil seiner Politik überprüfen. Aber es gibt auch hier keine konkreten Schritte. Als der türkische Staat Til Temir angriff, schlugen die Granaten neben einer russischen Stellung ein.
Dann gibt es noch die Regierung in Damaskus. Ihre Mentalität ist jedoch immer noch die gleiche wie früher. Wenn die Regierung von Damaskus mit dieser Mentalität weitermacht, kann sie zum Nullpunkt zurückkehren. Die Söldner können in Damaskus und Dara wieder neu aufstehen.
Wie werden sich QSD angesichts dieser Angriffe verhalten?
Die QSD wollen die Besonderheit der Selbstverwaltung schützen und die besetzten Gebiete befreien. Als QSD sagen wir jedoch nicht nur, dass die Angriffe aufhören sollen. Wir sagen, die Invasionstruppen müssen verschwinden. Wenn in Serêkaniyê und Girê Spî eine Einigung erzielt würde, wird gemäß dieser Vereinbarung der Krieg in der Region aufhören und die Besatzung enden. Die Menschen werden sicher nach Hause zurückkehren. Das bedeutet aber, dass die Eindringlinge entfernt werden müssen. Denn unser Volk wird niemals in ein besetztes Gebiet zurückkehren. Das ist es, was wir fordern: Das Ende der Besatzung. Bisher wurden diese Punkte nicht umgesetzt. Wir haben gesagt, dass dies den Kampf gegen den IS beeinträchtigt. Es betrifft die Menschen hier. Mit uns gemeinsam müssen hier einige Schritte unternommen werden.
„Kein Angriff bleibt unbeantwortet“
Nachdem unsere Freundin Sosin gefallen ist, hat die Generalkommandantur eine Erklärung abgegeben. In der Erklärung heißt es, dass diese Angriffe nicht unbeantwortet bleiben und Rechenschaft verlangt werden wird. Tatsächlich werden die Invasionstruppen ihre Angriffe bereuen. Die QSD werden ihr Wort halten. Dieses Versprechen wird kurzfristig eingelöst. Am 1. August fand auch die Jahresversammlung der QSD statt. Bei diesem Treffen wurden drei wichtige Entscheidungen getroffen. Eine davon ist die Befreiung der besetzten Gebiete. Die zweite ist die endgültige Zerschlagung der IS-Zellen, und die dritte ist es, Stabilität und Sicherheit in dieser Region zu gewährleisten. Das sind die Versprechen, die wir unserem Volk gegeben haben und die wir auf lange Sicht erfüllen werden. Wir werden dieses Versprechen halten.
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