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Foltergefängnis in Serêkaniyê


Eine ehemalige Gefangene aus den Kerkern der türkischen Besatzungstruppen berichtet über die Situation im besetzten Serêkaniyê und die Folter in den Haftzentren.

Die Türkei hat mit ihren Söldnertruppen der sogenannten Syrischen Nationalarmee (SNA) die nordsyrischen Städte Serêkaniyê (ar. Ras al-Ain) und Girê Spî (Tall Abyad) besetzt. Seither üben die türkische Armee und die unter anderem aus den Überresten des IS und anderer dschihadistischer Gruppen rekrutierte SNA eine Schreckensherrschaft aus. Immer wieder werden Menschen unter fabrizierten Anschuldigungen verschleppt und gefoltert oder völkerrechtswidrig in die Türkei gebracht und dort verurteilt. Nicht nur junge Menschen werden Ziel dieser Repressionsmaßnahmen. Auch Dutzende älterer Frauen wurden inhaftiert. In den Kerkern herrscht Folter. Freigelassene berichten immer wieder von sexualisierter Gewalt. Die Nachrichtenagentur ANHA sprach mit der Überlebenden H.M. über ihre Erfahrungen in Serêkaniyê. Sie war nach ihrer versuchten Rückkehr nach Serêkaniyê verschleppt worden.

Stromschläge und Waterboarding

Die Verschleppungen zielten darauf ab, eine Rückkehr zu verhindern oder die ursprünglichen Bewohner:innen zu vertreiben und so die Demografie der Region zu verändern, sagen Beobachter:innen der Lage. Immer wieder dienen Vorwürfe der Verbindung mit der Selbstverwaltung oder den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) als Vorwand für eine Inhaftierung. Im Fall von H.M. war es ähnlich. Sie berichtet: „Die Anklageschrift war bereits fertig gestellt. Sie behaupteten, ich hätte für die QSD gearbeitet. Sie quälten mich monatelang mit Stromschlägen. Sie benutzten Waterboarding und Falaka und hängten mich an den Füßen auf. Aber sie gingen über die körperliche Folter hinaus. Das habe ich nicht alleine erlitten. Es gab eine Reihe von Frauen, die auf abscheulichste Weise angegriffen und gefoltert wurden. Die Folter wurde von den Türken und ihrem Geheimdienst durchgeführt.“

Sexualisierte Gewalt und Folter bis zum Tod

H.M. berichtet über einzelne Situationen: „Auf der Polizeidirektion wurde ein Mädchen namens H., eine Waise und Minderjährige aus dem Dorf Rasm Al-Hajar, von drei Söldnern unter der Führung von Saad Kaitoun vergewaltigt. Saad Kaitoun ist der Koordinator des türkischen Geheimdienstes dort.“ Über einen anderen Fall erzählt H.M.: „Die Söldner verhafteten X., einen Kurden aus Serêkaniyê. Er wurde zwei Tage lang gefoltert, dann starb er. Die Söldner haben seine Leiche zerstückelt und seine Körperteile an seine Verwandten geschickt. Sie behaupteten, er sei durch eine Explosion gestorben.“

Die ganze Stadt ist ein Kerker“

H.M. berichtet, dass es in Serêkaniyê mittlerweile viele Gefängnisse gebe. Jede der Söldnergruppen, aus denen sich die SNA zusammensetzt, habe ihr eigenes. Dazu seien normale Wohnhäuser in Folterzentren verwandelt worden. H.M. beschreibt: „Sie behaupten, dass jeder, den sie verhaften, Verbindungen zur Selbstverwaltung habe. Diese Menschen werden gefoltert. Sie fordern Lösegeld von den Familien. Es gibt auch Kerker für Frauen. Sie stellen die Menschen, die sie foltern, vor die Kamera und zwingen sie mit Gewalt zu ‚Geständnissen‘. Diese ‚gestehen‘ dann unter der Folter, die QSD habe sie geschickt, um Bombenanschläge durchzuführen. Wenn sie das nicht sagen, wird weiter gefoltert – sogar bis zum Tod.“

Serêkaniyê ist ein IS-Lager“

H.M. berichtet, dass mindestens 42 Frauen und sechs Kinder aus dem IS aus dem Camp Hol in die Türkei geschmuggelt worden seien. Dazu würden Tanklastwagen benutzt, die über Girê Spî (Tall Abyad) in die Türkei fahren. Sie führt aus: „Serêkaniyê ist zu einem IS-Lager geworden. Im Viertel Zorava leben nur noch IS-Familien. IS-Dschihadisten, die aus dem Camp Hol, aus al-Bagouz und Deir ez-Zor geflohen sind, leben dort. Kein Mensch kann mehr in Serêkaniyê leben. Tagtäglich gibt es Vergewaltigungen, Raub und Mord.“

H.M. appelliert an die internationale Gemeinschaft, Serêkaniyê von den Söldnern zu befreien.

 

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