NDR-Nachricht: Linken-Fraktionschefin Özdemir an Ausreise gehindert


Cansu Özdemir © picture alliance / dpa Foto: Carsten Koall


Stand: 13.06.2021 11:28 Uhr

Hamburgs Linken-Fraktionschefin Cansu Özdemir ist am Sonnabend mehrere Stunden lang an der Ausreise gehindert worden. Die Bundespolizei bestätigte NDR 90,3 die Befragung der Politikerin.

Die Bürgerschaftsabgeordete wollte zusammen mit einer etwa 20-köpfigen Gruppe von Düsseldorf aus nach Erbil in den Nord-Irak fliegen. Erbil ist die Hauptstadt der kurdischen Autonomiegebiete im Irak. Dort wollte sie nach eigenen Angaben mit Vertreterinnen und Vertretern der Kurden über die aktuelle Lage sprechen. Sie und ihre Gruppe seien dann auf dem Weg zum Flugzeug von der Bundespolizei gestoppt worden. Ihnen seien die Reisepässe abgenommen worden. Anschließend seien sie stundenlang befragt worden.

AUDIO: Hamburger Abgeordnete an Ausreise gehindert (1 Min)

Die Bundespolizei bestätigt NDR 90,3 den Vorfall grundsätzlich. Sie begründet ihn damit, dass geprüft werden sollte, ob von der Gruppe Gefährdungen ausgehen könnten, "die das Ansehen der Bundesrepublik im Ausland schädigen könnte". Welcher Art diese Gefährdungen sein könnten, ist bislang unklar. Die Befragten verpassten den Flug nach Erbil.

Özdemir habe bei der Befragung nicht gesagt, dass sie Abgeordnete eines deutschen Landtages sei, so eine Polizeisprecherin. Dieser Darstellung widersprach Özdemir. Erst nach massiver Intervention ihres Anwaltes sei das überhaupt von den Beamten geprüft worden.

Boeddinghaus "fassungslos"

Sabine Boeddinghaus, ebenfalls Fraktionsvorsitzende der Linken, sagte: "Wir sind fassungslos darüber, dass deutsche Sicherheitsbehörden eine politische Delegation mit gewählten Abgeordneten wie Schwerkriminelle behandeln und an der Ausreise hindern - ohne nachvollziehbare Rechtsgrundlage."

Bürgerschaftspräsidentin will Klärung des Vorfalls

Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) nannte die Berichte über das Vorgehen der Bundespolizei "äußerst befremdlich". Dieses Vorgehen sei möglicherweise rechtswidrig, sofern der Status Özdemirs bekannt gewesen sei. Als Parlamentspräsidentin wolle sie sich selbstverständlich um die Klärung des Vorgangs kümmern, teilte Veit mit. Sie kündigte an, dass sich auch das parlamentarische Kontrollgremium in Hamburg mit dem Vorgang beschäftigen werde.

Sowohl nach dem Grundgesetz als auch nach der Verfassung der Hansestadt dürfen Abgeordnete während der Dauer ihres Mandats weder verhaftet noch in sonstiger Weise in ihrer Freiheit und in der Ausübung ihres Mandats behindert werden - "es sei denn, sie werden bei der Ausübung einer Straftat oder spätestens im Laufe des folgenden Tages festgenommen", erklärte Veit.

Journalisten in Erbil festgesetzt

Nach Angaben der Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) haben irakische Sicherheitsbehörden deutsche Journalisten in Erbil festgesetzt. Es handele sich um mindestens drei Pressevertreter, so die dju. Es sei unklar, was den Journalisten vorgeworfen werde. Die Festgehaltenen gehören den Angaben zufolge zu der Gruppe, zu der auch Özdemir gehörte. Sie hatten jedoch den Flug nach Erbil antreten können.

 

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