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Rohilat Muslim aus Rojava hat bereits zwei Vertreibungen aufgrund türkischer Angriffe hinter sich. Sie spricht über ihre Persönlichkeitsbildung, von der Bedeutung von Bildung und den Veränderungen mit der Revolution.

Rohilat Muslim ist 24 Jahre alt. Die Hälfte ihres Lebens hat sie unter dem Baath-Regime verbracht, die andere Hälfte in der Revolution von Rojava. Aufgrund der Angriffe auf Kobanê musste sie im Alter von 14 Jahren aus Kobanê, wo sie geboren und aufgewachsen war, fliehen. Rohilat Muslim blieb eine Zeit lang in Nordkurdistan und ließ sich schließlich in Serêkaniyê nieder. Hier wurde sie erneut vertrieben und musste nach Girkê Legê fliehen. Im ANF-Gespräch äußerte sie sich über den Kampf ums Überleben und die Bedeutung von Selbstverteidigung.
Rohilat Muslim beschreibt ihre Prägung durch Krieg und Unterdrückung:
„Ich bin eine junge Frau und habe schon in den kurzen 24 Jahren meines
Lebens in mehreren verschiedenen Gesellschaften gelebt. Das hat meine
Persönlichkeit in vielerlei Hinsicht geprägt. Das Leben in Kobanê, in
Bakurê Kurdistanê, in Serêkaniyê und schließlich in Girkê Legê war
unterschiedlich. Das Land, die Stadt, die Gemeinde, das Dorf, in dem man
lebt, haben einen Einfluss auf die Persönlichkeit. Natürlich habe ich
aus jedem Ort, in dem ich gelebt habe, Eigenschaften mitgenommen. Das
betrifft sogar die Sprache, die wir sprechen, und die Kleidung, die wir
tragen. Das Leben in einer Familie, die durch Besatzung und Vertreibung
ständig an anderen Orten ist, führt unweigerlich zur Herausbildung einer
instabilen Persönlichkeit und zu Anpassungsproblemen. Es gibt keinen
Ort, an dem ich lange gelebt habe. Meine Erinnerungen und auch mein
Leben sind zerrissen. Durch einen Aufenthalt an der
Mesopotamien-Akademie im Jahr 2017 konnte ich die Widersprüche und das
Chaos in meiner Persönlichkeit überwinden, weil ich die Realität des
Feindes und der Besatzung sowie meine Persönlichkeit analysiert und die
Philosophie von Rêber Apo [Abdullah Öcalan] genauer kennengelernt habe.“
„Das Baath-Regime hat auch unsere Gedanken erfasst“
Als Rohilat zwölf Jahre alt war, begann die Rojava-Revolution. Ihr vorheriges Leben beschreibt sie wie folgt: „Ich habe in den Schulen des Regimes gelernt. Die ersten zwölf Jahre meines Lebens waren ganz anders als die folgenden. Das Baath-Regime benutzte jedes Fach für seine Interessen und wollte seine eigene Gesellschaft erschaffen. Selbst wenn wir aufgefordert wurden, ein Bild zu malen, war das Erste, was uns in den Sinn kam, die Flagge des Baath-Regimes zu zeichnen. Es war eine Situation, die sich in unserer Mentalität festgesetzt hatte, unsere Gedanken waren gefangen. Wir wuchsen mit der Mentalität des Staates auf. Wir sind nie hin und her gereist. Die einzigen, die das Haus verließen, waren die Männer, und das nur, um die wirtschaftliche Existenz zu sichern. Ich konnte nicht begreifen, wie Frauen zu Hause eingesperrt wurden. Ich war jung, aber es gab auch Frauen, die älter waren. Auch sie konnten das Haus nicht verlassen. Es war ein Leben, das in Formen gepresst war. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich eines Tages frei leben würde.“
Bewegt von revolutionären Liedern
Rohilat erinnert sich, dass das Erste, was sie von der Revolution wahrnahm, die Lieder waren: „Ich habe viel darüber nachgedacht, warum diese Lieder gesungen werden und worum es dabei geht. Nach einer Weile wurde mir klar, dass sie von uns handeln. Diese Lieder ließen mich den Geist der Revolution bis auf die Knochen spüren. Natürlich erregte auch der Beginn des muttersprachlichen Unterrichts und die Eröffnung von Instituten und Akademien meine Aufmerksamkeit.“
„Diejenigen, die die Geschichte nicht kennen, können keine Zukunft aufbauen“
Rohilat Muslim studiert Geschichte an der Universität Rojava und sagt: „Ein Mensch, der seine Geschichte nicht kennt, kann sich selbst nicht kennen und seine Zukunft nicht aufbauen. Mein Ziel ist es, mich in die historische Wahrheit zu vertiefen. Die historischen Entwicklungen haben direkte Auswirkungen auf die Gegenwart. Ich habe den Fachbereich Geschichte gewählt, um eine Zukunft auf einer stabilen Basis aufzubauen.“
„Bewusstwerdung ist Vorbedingung für Selbstverteidigung“
Rohilat arbeitet seit 2018 auch im Bildungskomitee der Frauenbewegung Kongra Star: „Ich nehme seit etwa sieben Jahren an Bildungsaktivitäten teil, zwei Jahre in Serêkaniyê, ein Jahr in Girkê Legê und vier Jahre in Qamişlo. Ich interessiere mich sehr für Bildung und liebe es, an dieser Arbeit teilzunehmen. Die Bildung von Frauen und der Gesellschaft erfordert freiwillige Arbeit. Bildung, die auch als Liebe, Selbstverteidigung und Wachstum betrachtet werden kann, ist eine absolute Notwendigkeit für ein nachhaltiges Leben. Durch Bildung können wir unsere Selbstverteidigung verbessern und uns selbst erziehen. Die Grundlage von Selbstverteidigung ist geistige Freiheit. Eine Frau und eine Gesellschaft, die nicht frei im Denken sind, können sich nicht selbst verteidigen. Der Feind versucht mit seiner permanenten Spezialkriegspolitik, die Frauen in Prostitution, Agententum und Drogenkonsum zu verwickeln. In dieser perfiden Kriegspolitik werden viele Methoden eingesetzt, um Frauen zu erniedrigen. Die gegen Frauen gerichtete Politik richtet sich gegen die Gesellschaft. Bildung und Sensibilisierung sind ein Muss, damit Frauen nicht in diese Fallen tappen.“
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