Kurdischer Politiker wegen Erdbebenhilfe verhaftet
Der kurdische Lokalpolitiker Izzet Karadağ von der DBP ist in Semsûr verhaftet worden. Er wird beschuldigt, selbstorganisierte Erdbebenhilfe der Schwesterpartei HDP „auf Anordnung einer Terrororganisation“ geleistet zu haben.
Der kurdische Lokalpolitiker Izzet Karadağ ist in Semsûr (tr. Adıyaman) verhaftet worden. Grund für die Inhaftierung des Kurden, der zum Parteirat der DBP gehört, sei der Verdacht auf „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“, ließ die türkische Justiz verlautbaren. Die Anschuldigung ergebe sich aus dem Engagement Karadağs für Betroffene des schweren Erdbebens vor rund einem Jahr im türkisch-syrischen Grenzgebiet, teilte dagegen sein Rechtsbeistand mit.
Karadağ hatte wie viele andere Mitglieder seiner Partei auch im Rahmen der selbstorganisierten Katastrophenhilfe der DBP-Schwesterpartei HDP Unterstützung im Erdbebengebiet geleistet. Laut der Staatsanwaltschaft Adıyaman, die das Ermittlungsverfahren gegen den Lokalpolitiker führt, sei dies „auf Anordnung“ einer als terroristisch gelisteten Organisation erfolgt. Gemeint mit der vermeintlichen Terrororganisation dürfte die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gemeint sein.
Die Festnahme Karadağs erfolgte am Donnerstag in der östlich von Semsûr gelegenen Provinz Riha (Urfa). Nach einem staatsanwaltlichen Verhör ordnete ein Gericht in Semsûr ohne neuerliche Befragung Untersuchungshaft an. Karadağ befindet sich in einem örtlichen Hochsicherheitsgefängnis. Ob und wann Anklage erhoben wird, ist derzeit noch offen.
Am 6. Februar 2023 erschütterten mehrere Erdbeben den Südosten der Türkei, nahe der Grenze zu Syrien. Allein in der Türkei kamen laut der Regierung mehr als 53.000 Menschen ums Leben. Die türkische Ärztekammer zweifelt die offiziellen Angaben zu den Toten jedoch an und schätzt die tatsächliche Zahl auf das Dreifache. Laut dem Verband hätten viele der Opfer vermieden werden können, denn: das Erdbeben war ein seit Jahren erwartetes Naturphänomen, das durch langjährige Korruption im Bausektor sowie fehlendes Katastrophenmanagement zu einer Katastrophe wurde.
Die immens hohe Zahl an Todesfällen lag unter anderem aber auch in einer rassistisch motivierten Erdbebendiplomatie begründet. Kurdische und alevitisch bzw. alawitisch geprägte Provinzen wurden von der Katastrophenhilfe ausgespart. Von der Opposition und Zivilgesellschaft selbstorganisierte Erdbebenhilfe dagegen wurde vom Staat stark eingeschränkt und in vielen Fällen auch kriminalisiert. So waren sogar Krisenkoordinationszentren und Lager mit Erdbebenhilfe der HDP von den türkischen Behörden geschlossen bzw. beschlagnahmt worden.
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